Digitalbarometer 2020: Trotz Gefahren, jeder Zehnte ohne Schutz im Netz

Jeder Vierte (25 %) in Deutschland war bereits Opfer von Kriminalität im Internet. Das ergab das „Digitalbarometer 2020“ des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK). Rund zwei Drittel der Betroffenen haben dabei einen Schaden erlitten. Ein Drittel (32 %) der Geschädigten hatte einen realen finanziellen Schaden. Die höchste angegebene Schadenssumme lag bei 50.000 Euro. Aber auch ein emotionaler Schaden, z. B. in Folge von Cybermobbing (25 %), ein Verlust von Daten oder ein zeitlicher Schaden durch das Wiederherstellen von Daten (jeweils 23 %) wurden genannt.

„Das Digitalbarometer 2020 zeigt, dass der Schutz des Einzelnen vor Kriminalität im Internet eine ständige Aufgabe ist. Wer einmal Opfer von Online-Betrug, Phishing oder Cybermobbing wurde, schützt sich nicht zwangsläufig besser nach der ersten negativen Erfahrung. Vier Prozent werden wiederholt Opfer. Betroffen sind häufig diejenigen, die den Schutz vernachlässigen“, sagt Dr. Stefanie Hinz, Vorsitzende der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. „Positiv ist, dass sich 35 Prozent der Betroffenen nach einer Straftat an die Polizei gewandt haben. Laut Digitalbarometer 2019 waren es noch 31 Prozent der Befragten“, erläutert Hinz.

„Jeder Zehnte gibt an, sich ohne Schutzmaßnahmen im Internet zu bewegen. Das ist wie Autofahren ohne Anschnallen oder Bahn fahren ohne Maske. Andere sichern sich bereits ab, vernachlässigen aber effiziente Maßnahmen wie automatische Updates. Laut Umfrage nutzt diese Option bewusst nur jeder Vierte, obwohl diese Maßnahme am besten und schnellsten Sicherheitslücken schließen kann. Gemeinsam mit ProPK haben wir nach dem ersten Digitalbarometer unsere Selbsthilfe-Anleitungen erweitert. Die Ergebnisse aus 2020 zeigen jedoch deutlich: Wir müssen mehr Orientierung geben, was priorisiert und im Zusammenspiel genutzt werden muss, um einen digitalen Basisschutz zu ermöglichen“, so BSI-Präsident Arne Schönbohm.

Sicherheitsempfehlungen und Fokusfragen zu Hasskommentaren und Kinderpornografie

Die Ergebnisse von 2020 zeigen, wer Sicherheitsempfehlungen direkt umsetzt, wird seltener Opfer von Kriminalität im Internet. So geben Befragte, die bisher gar nicht oder nur einmalig Opfer wurden, häufiger an, die Empfehlungen direkt umzusetzen (40 %). Hingegen setzen Menschen, die mehrfach Opfer waren, Sicherheitsempfehlungen in 31 % der Fälle erst im Problemfall um. Selbst wenn sie diese schon kannten. Die meisten Betroffenen (36 %) haben sich nach einer Straftat selbst geholfen. Nur wenige wussten nicht, welche Maßnahmen sie ergreifen sollten (5 %).

In diesem Jahr wurde das Digitalbarometer zudem um ein besonderes Fokusthema erweitert: den Umgang mit problematischen Inhalten im Internet, konkret: die Verbreitung von Kinderpornografie und Hasskommentaren. So wurden die Teilnehmenden befragt, wie sie auf Hasskommentare gegenüber MigrantInnen in einer Chatgruppe reagieren würden. 28 Prozent gaben an, dass sie diese der Polizei melden würden, 10 Prozent würden gar nicht reagieren und 12 Prozent gaben an „Weiß nicht/ keine Angaben“.

In einem anderen Fallbeispiel wurden die Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer nach ihren Reaktionen auf ein Fallbeispiel befragt, bei dem über eine Messenger-Gruppe Inhalte gesendet werden, die Erwachsene und Kinder in sexualisierter Art und Weise zeigen. Die Hälfte der Befragten nimmt diese Situation sehr ernst und gibt an, sich in solch einem Fall an die Polizei zu wenden. Fast ein Fünftel der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer (17 %) würde die Inhalte hingegen nur löschen und keine weiteren Maßnahmen ergreifen. Zehn Prozent der Befragten antworteten mit „Weiß nicht / keine Angabe“. Etwas mehr als jede/r Zehnte (11 %) würde den Absender an eine Meldestelle oder den Plattformbetreiber melden. Nur drei Prozent würden überhaupt nicht reagieren. Beide Beispiele zeigen, dass Bürgerinnen und Bürger mehr Informationen über Anlaufstellen und Handlungsmöglichkeiten benötigen.

Die mangelnden Handlungskompetenzen bei einem Teil der Bevölkerung sowie die steigenden Fälle von leichtfertiger Verbreitung von Kinderpornografie durch Jugendliche haben die Polizeiliche Kriminalprävention veranlasst, diese Problematik in einer bundesweiten Aufklärungskampagne darzustellen. Junge Menschen sollen in den sozialen Medien darauf aufmerksam gemacht werden, dass in Chats auch Kinderpornografie kursiert und leichtfertig verbreitet wird – ohne dass den Versendern bewusst ist, dass sie sich dadurch strafbar machen. Auch Informationen zum Melden von Kinderpornografie werden über alle Zielgruppen hinweg vermittelt. Die Kampagne startet im Oktober 2020.

Hintergrund: Digitalbarometer 2020

Das BSI und die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) kooperieren, um Bürgerinnen und Bürger umfassend über Schutzmöglichkeiten und Risiken im Internet aufzuklären. Eine Grundlage dieser Arbeit ist das Digitalbarometer, eine gemeinsame, repräsentative Online-Befragung. Das Ziel der Erhebung zum Digitalbarometer ist es, den aktuellen Kenntnisstand der Bevölkerung zum Thema IT-Sicherheit und Cyber-Kriminalität zu untersuchen. Die Befragung wird seit 2019 durchgeführt und soll es nunmehr jährlich ermöglichen, Trends und Bedarf im Bereich der Internetkriminalität gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern zu ermitteln. Das Digitalbarometer 2020 wurde vom 9.-10.03. sowie vom 26.03.-08.04.2020 erhoben. Insgesamt wurden 2.000 Personen ab 14 Jahren befragt.

Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
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