Digital-Agentur oder Digital-Umsatzoptimierer – Welche Dienstleistung macht den Unterschied für Shop-Betreiber?

Im Interview erklärt Jan-Hendrik Rauh, Geschäftsführer der Löwenstark Digital Solutions GmbH, was Webseiten- beziehungsweise Shop-Betreiber bei der Auswahl eines E-Commerce-Dienstleisters beachten sollten. Wollen Betreiber ihren Umsatz im B2C-Geschäft professionell gesteuert erhöhen, sind sie mit den Tipps des Experten gut beraten.

Herr Rauh, der Titel des Interviews klingt ein bisschen nach Spitzfindigkeit. Worin besteht überhaupt der Unterschied zwischen Digital-Agentur oder Digital-Umsatzoptimierer?

Rauh: Nehmen wir die Ausgangslage, dass Webseiten und Onlineshops nicht nur einem Selbstzweck dienen, sondern im geschäftlichen Kontext den Umsatz der Betreiber vermehren sollen. Benötigt ein Webseiten- oder Shop-Betreiber dafür Hilfe, sollte sich dieser nicht für eine Agentur entscheiden, die bis ins Kleinste verliebt in technische Spielereien ist. Denn viel wichtiger ist die Erfüllung der Umsatzziele. Der Unterschied zwischen Digital-Agentur und Digital-Umsatzoptimierer ist für mich die Perspektive: Der Umsatzoptimierer versetzt sich in die Lage des Betreibers und gibt alles für die Erfüllung der Geschäftsziele, die anhand der Conversion-Rate festgemacht werden können. Die Digital-Agentur setzt digitale Themen zwar um, hält sich aber aus den Geschäftszielen raus, getreu dem Motto: “Ich bin hier nur der Entwickler/Designer/SEO”.

Was ist denn für Sie als Experte eine gute Conversion-Rate (CR) und wie erreicht man diese?

Rauh: Gegenfrage: Was ist ein gutes Auto? Das lässt sich ebenso nicht einfach beantworten. Es geht für mich vielmehr darum, das richtige Mindset für die Conversion-Rate-Optimierung einzunehmen. Das impliziert, seine CR zu kennen, sinnvolle Ziele festzulegen und dann kontinuierlich an der Verbesserung dieser zu arbeiten. Hier bietet sich ein Mix aus technischen und optischen Maßnahmen an. Die Erhöhung des Marketingbudgets trägt ebenfalls dazu bei, dass sich eine CR verändert. Mehr Traffic führt oft zu einer Verschlechterung der CR, weshalb das Targeting optimal sein sollte. Denn absolut gesehen, sollten trotzdem mehr Verkäufe oder Anfragen eingehen, ansonsten war das Targeting falsch. Offline-Marketing-Maßnahmen können auch dazu beitragen, dass eine Online-Conversion steigt. Es ist also wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Das Thema Conversion-Rate und deren Optimierung ist ein Gesamtkomplex, den es zu managen gilt – das ist aber wie bei der Suchmaschinenoptimierung ein Marathon und kein Sprint.

Warum kann mir dabei ein Digital-Umsatzoptimierer besser helfen als eine Digital-Agentur?

Rauh: Der digitale Umsatzoptimierer fängt genau an der Stelle an, wo die meisten anderen Agenturen aufhören. Ziel und Zweck beim Einkauf einer Agenturleistung sollte nämlich nicht sein, nur schicke Reports oder ein neues Plugin zu bekommen. Ziel der Agenturbeauftragung sollte sein, aus den durch Tracking gewonnenen Erkenntnissen die richtigen Veränderungen abzuleiten und umzusetzen. Viele Agenturen verlaufen sich jedoch in der Aufbereitung von schönen Charts und Präsentationen. Für mich sind die wichtigsten Fragen:

  • Wie viel mehr Umsatz oder weniger Kosten haben die letzten Maßnahmen gebracht? – Warum sollte in gleiche oder neue Maßnahme wieder Geld investiert werden? – Welchen Mehrwert konnte die Agentur in der vergangenen Periode schaffen?
  • Eine Agentur sollte das beantworten können. Wer sich scheut, an den direkten Ergebnissen gemessen zu werden, wird den Fragen wahrscheinlich aus dem Weg gehen. Eine Agentur, die die Umsatzoptimierung ihrer Kunden in den Mittelpunkt des eigenen Handelns stellt, erwartet kritische Nachfragen und bereitet aussagekräftige Ergebnisse vor.

Wie können Umsatzziel und Amortisierung einer Agenturbeauftragung erreicht werden, Herr Rauh?

Rauh: Ein Webseiten- oder Shop-Betreiber sollte die Beauftragung eine Agentur als Investition sehen. Eine Investition startet gewöhnlich mit einer Ausgabe und birgt auch immer ein Risiko. Wandelt sich der Return on Investment aber schnell zum Positivem, wird jeder mit kaufmännischem Geschick erkennen, dass sich die Investition gelohnt hat. Ein Praxisbeispiel: Wenn ich weiß, dass mich ein externer Dienstleister einen Euro kostet, aber zwei Euro erwirtschaftet, dann stellt sich für mich überhaupt nicht die Frage nach den Kosten. Das Ziel einer Agentur muss also sein, für ihren Auftraggeber nicht nur die Agenturkosten zu amortisieren, sondern mindestens das Doppelte zu erwirtschaften.

Herr Rauh, welche Kriterien sind bei der Agenturauswahl überhaupt entscheidend für das Ziel, Conversions zu optimieren?

Rauh: Ein persönlicher Ansatz von mir ist, sich die Vita des Geschäftsführers anzuschauen. Ein guter Geschäftsführer prägt seine Organisation. Bei der Suche nach einem technischen Dienstleister würde ich außerdem darauf achten, dass im Chefsessel ein Betriebswirt sitzt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde eine Agentur bekommt, die nicht nur einen technischen Prozess verbessert, sondern den Umsatz erhöht.

Man sollte sich als Auftraggeber im Klaren sein, für welche Aufgaben eine Agentur gesucht wird. Sucht man nur “Manpower”, kann die Entscheidung anders ausfallen, als wenn man einen Sparringspartner benötigt. In diesem Fall muss die Chemie stimmen. Auftraggeber und Auftragnehmer müssen eine Sprache sprechen, sonst redet der eine von Euro und der andere von Nachhaltigkeit der Programmierung. Das kann zu Unzufriedenheit führen. Natürlich sollte jede Agentur auch ihr Fachgebiet verstehen. Speziell im E-Commerce sind außerdem sowohl Marketing- als auch Technologiekenntnisse essenziell.

Sollte man nicht auch auf das Bauchgefühl vertrauen?

Rauh: Hiervon kann sich ohnehin niemand frei machen. Die Psychologie besagt, dass Entscheidungen in großen Teilen unbewusst getroffen werden. Die schönsten Referenzen nutzen demnach nichts, wenn schon die ersten Zusammenkünfte – ob persönlich oder virtuell – keinen Spaß machen. Achten Sie daher auf folgende Indikatoren:

  1. Werden Kennenlerntermine eingehalten und gut vor- bzw. nachbereitet? Hakt es hier schon im Vertrieb, kann man daraus Rückschlüsse auf die operative Arbeitsqualität schließen.
  2. Fühlt man sich wohl mit seinem momentanen Ansprechpartner und wird verstanden? Oder wird man mit Standardphasen abgefrühstückt, die auch in einem billigen Ratgeber stehen? Aus der Art und Weise, wie miteinander gesprochen wird, kann einiges für die zukünftige Zusammenarbeit abgeleitet werden.

Das Gefühl sollte bei der Agenturauswahl also eine Rolle spielen, denn in dieser Phase kann man sich erstmal nur Vertrauen schenken. Damit dieses wächst, muss der Weg gemeinsam gegangen werden. Am Anfang hält die Zusammenarbeit natürlich ein gewisses Risiko bereit – im Übrigen aber für beiden Seiten.

Woran erkennen Unternehmen, ob eine Agentur derart aufgestellt ist?

Rauh: Indem man sich mit der Agentur auseinandersetzt und sich gegenseitig kennenlernt. Aus jahrelanger Erfahrung weiß ich, dass Kunden drei bis vier Referenzen sehen möchten – am liebsten von Wettbewerbern, die von der Agentur betreut wurden. Hand aufs Agenturherz: Das können die wenigsten erfüllen und diese Maxime ist eher utopisch. Ich würde daher raten, nicht auf spezielle Projekte, sondern eher auf einen grundsätzlichen Branchen- oder Kompetenzschwerpunkt zu achten. Wenn eine Agentur technisch gesehen schon mehrmals eine Warenwirtschaft an einen Shop angeschlossen hat, dann hat sie auch grundsätzlich die Fähigkeit, die dahinterliegenden Prozesse zu verstehen. Liegen da gute Referenzen vor, macht man bei der Wahl dieser Agentur bestimmt wenig falsch.

Wie bereits erwähnt, sollte die Agentur begründen können, warum das Zusammenspiel zwischen Technik und Marketing gut laufen wird. Der Kunde sollte sich im Vorfeld damit auseinandersetzen, ob er mit mehreren Agenturen zusammenarbeiten will, die – wenn etwas nicht so läuft wie geplant – gegenseitig mit dem Finger auf den jeweils anderen zeigen. Oder, ob er auf eine Agentur setzt, die abteilungsübergreifend Herausforderungen stemmt.

Herr Rauh, wie lautet Ihr Fazit? Digital-Agentur oder Digital-Umsatzoptimierer – Welche Dienstleistung macht den Unterschied für Shop-Betreiber?

Rauh: Das kann ich ganz kurz beantworten: Der größte Mehrwert, der durch eine Agentur geschaffen werden kann, ist, sich den Problemen der Kunden wirklich zu widmen und die Arbeit eben nicht als abzuarbeitenden Auftrag zu sehen. Konzeptionieren, programmieren und auswerten können viele. Mit dem Kunden durch dick und dünn gehen, das wollen und können die Wenigsten. Machen wir uns nichts vor – es wird letztendlich auch ums Geld gehen. Ein Dienstleister, der nur ein Nullsummenspiel schafft, bietet keinen nachhaltigen Wert.