E-Commerce-Versandstudie 2020: Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Händlern

Die Erwartungen von Kunden sind eigentlich recht simpel: Wenn sie online bestellen, wollen sie vor allem eins, ihre Bestellung schnell, bequem und einfach erhalten. Doch bei der Operations Experience – also der Abwicklung der Bestellung nach dem Klick auf den Kaufen-Button bis zur Retoure –  gibt es zwischen den Händlern erhebliche Unterschiede.

Das zeigt einmal mehr die aktuelle “E-Commerce-Versandstudie 2020”, für die der Spezialist für Operations Experience und Kundenkommunikation, parcelLab, im Herbst 2019 zum zweiten Mal Testbestellungen bei 100 der größten deutschen Online-Händler tätigte. Dabei wurde analysiert, wie serviceorientiert Händler bei der Auswahl des Logistikers und der Kundenkommunikation während des Versands sind, ob die Pakete pünktlich ankommen und wie schnell Retouren erstattet werden.

Operations Experience ist gerade in Krisenzeiten wie Covid-19 elementar

Schon die “E-Commerce-Versandstudie 2018” zeigte: Nach dem Klick auf den Kaufen-Button lassen die Händler ihre Kunden in einer Art Blackbox. Viele wissen nicht, in welchem Status ihre Bestellung gerade ist, wo sich ihr Paket befindet, wann es ausgeliefert wird oder bei welchem Nachbarn sie es abholen können. Doch diese Informationen sind gerade in Krisenzeiten wie Covid-19 elementar. Denn aufgrund des Shutdowns der stationären Geschäfte und des daraus resultierenden Bestell-Booms im Online-Handel müssen Kunden nicht mehr wie bislang üblich drei bis vier Tage auf ihre Bestellung warten, sondern häufig mehrere Wochen. Und die Produktdetailseiten der Webshops geben längst nicht mehr verlässlich darüber Auskunft, wie lange die Lieferzeit tatsächlich sein wird.

Entsprechend hoch ist die Unsicherheit der Kunden, wie schnell sie ihre Bestellung erhalten. Und entsprechend wichtig ist es, dass Händler ihre Kunden in Echtzeit darüber informieren, wenn sich der Status der Bestellung ändert. Doch die Analyse der 100 größten deutschen Online-Shops zeigt: Zwar ist das Thema Versandkommunikation gegenüber 2018 stärker in den Fokus der Händler gerückt, doch bei den meisten großen deutschen Online-Händlern gibt es noch immer Verbesserungspotenzial.

Positiv zu vermerken ist dabei, dass die Zahl der Händler, die nach der Bestellung überhaupt nichts von sich hören lassen, gegenüber 2018 von elf auf neun gesunken ist. Doch noch immer beendet ein Viertel der Händler die Versandkommunikation nach einer Nachricht – vermutlich also mit der Eingangsbestätigung der Bestellung. Auf Informationen darüber, dass die Bestellung jetzt verschickt wurde, die Ware heute zugestellt wird, sich die Lieferung verzögert, die Ware bei einem Nachbarn abgegeben wurde oder die Retoure beim Händler einging, warten die Kunden dieser Shop-Betreiber vergeblich.

Und auch die Händler, die Versandnachrichten verschicken, können diese noch optimieren. Denn im Idealfall führt der Tracking-Link zur Paketverfolgung nicht auf die Seite des Logistikers, sondern in den eigenen Shop zurück. Dort können Händler ihren Kunden nämlich in verständlichen eigenen Worten erklären, in welchem Status sich die Bestellung gerade befindet. Und sie können Potenziale zum Cross- und Upselling nutzen. Doch die parcelLab-Analyse zeigt: Lediglich 30 Händler nutzten im Test die Chance und lotsten Kunden, die ihr Paket verfolgen wollen, zurück in den eigenen Store. Die große Mehrheit hingegen (61 Händler) überließ diesen wichtigen Part der Kundenkommunikation ihren Logistikern.

Paketversand – von Service kaum eine Spur

Auch sonst gibt es beim Paketversand in Sachen Operations Experience Luft nach oben, wie die parcelLab-Erhebung weiter zeigt: Noch immer lässt nur ein knappes Fünftel der größten Online-Shops ihre Kunden zwischen verschiedenen Logistikern wählen. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der Händler, die ihren Kunden die Wahlfreiheit lassen, sogar um zwei zurück.

Ein weiteres auffälliges Ergebnis der Studie: Die Angaben der Lieferzeiten in den Webshops waren auch schon vor Corona eher vage als verbindlich. Fast ein Drittel der Händler nannte keinen konkreten Liefertermin, der Rest gab eine durchschnittliche Lieferzeit von 3,26 Werktagen an. Und: Auch schon vor dem großen Run auf die Online-Shops ging deren Zustellgeschwindigkeit eher zurück. Der Anteil der Top-Shops in Deutschland, die ihre Kunden per Express oder gar am selben Tag beliefern, ist gegenüber der Vorjahresstudie erheblich gesunken. So boten 2018 40 der Top-Shops Expresszustellung an, inzwischen sind es nur noch 25. Bei Same-Day-Delivery sank die Quote gar von elf auf drei. Allerdings müssen Kunden für eine bevorzugte Lieferung nicht mehr ganz so tief in die Tasche greifen. Die Zuschläge für die Expresslieferung sanken im Jahresvergleich von durchschnittlich 10,20 auf 9,63 Euro.

Keine Reaktionen auf Retouren-Debatte

Ein weiteres spannendes Ergebnis der Studie ist, dass die Online-Händler auf die in den Medien hitzig diskutierten Retouren im Online-Handel noch nicht mit Gebührenerhöhungen reagiert haben. 93 Händler bieten weiterhin eine Gratis-Retoure an. Allerdings legen die Händler ihren Kunden bei der Retourenabwicklung mehr Steine in den Weg als früher. So verzichten 60 der Top-100-Händler darauf, ihren Paketen Retourenlabels beizulegen. Stattdessen müssen die Kunden diese aktiv organisieren.

“Viele Kunden beschweren sich über eine schlechte Experience beim Versand ihrer Bestellungen oder den Retouren –  das galt vor Corona, das gilt während Corona und das wird auch nach Corona noch gelten”, weiß parcelLab-Mitgründer Anton Eder. Dabei würden die Kunden gar keine Premium-Services wie taggleiche Lieferung oder die Abholung von Retouren erwarten. “Schon eine proaktive Kommunikation, die den Kunden verständlich über den aktuellen Stand im Bestellprozess informiert, kann im Kundenerlebnis einen entscheidenden Unterschied machen”, so der Experte für Operations Experience.