Lorrie Norrington von eBay im Interview

In einem Interview mit CNBC-TV18 (Business-News Kanal mit Sitz in Mumbai/Indien) sprach Lorrie Norrington, Präsidentin der eBay Marktplätze, über das eBay-Geschäft und den vor eBay liegenden Weg. Hier ein Auszug aus dem Interview:

Frage: 60 Milliarden US-Dollar des Geschäftsumfangs von eBay werden international erzeugt. Mit internationalen Transaktionen meine ich, die Transaktionen, die außerhalb der Vereinigten Staaten geschehen. Erwarten Sie, dass dieser Umstand das Wachstum für eBay antreiben wird?
L.N.: Ja, natürlich. Tatsächlich beträgt unser internationales Geschäft heute mehr als 50% des Gesamt-Business. Es wächst schneller als das US-Inlandsgeschäft. … Unsere 39 Länder sind ein großes Beispiel für die Art des Wachstums, das infolge der internationalen Transaktionen erzeugt werden kann.

Frage: Wo genau spielt Indien in Ihrem Schema eine Rolle? [In Indien erwarb eBay vor zirka 6 Jahren die Online-Plattform bazee.com]
L.N.: eBay Indien feiert in diesem Jahr seinen 5. Geburtstag. Wir glauben, dass eBay Indien eine große Gelegenheit für uns ist. Mehr als 12.800 Menschen verdienen dort heutzutage via eBay ihren Lebensunterhalt. Wir sind in 3.000 Städten präsent und haben mehr als 2,5 Millionen aktive Nutzer.

Wir haben gerade erst angefangen auf dem indischen Markt richtig aktiv zu werden. Beide, sowohl der inländische Markt als auch der Export haben enorm zugelegt. … Also, ein vibrierender inländischer Markt, aber auch eine große Chance für Verkäufer mit Unternehmergeist.

Frage: Sie haben Bazee.com vor 6 Jahren erworben. Es scheint aber so als habe die Marke Bazee einen größeren Rückhalt als eBay. Warum ist das so?
L.N.: Ich denke, dass jeder innerhalb seines eigenen Landes den unternehmerischen Geist liebt. Die Leute erinnern sich mit viel Zuneigung an Bazee zurück. Wir aber lieben eBay genauso und wollten beide Namen bewahren. Außerdem gibt eBay den Unternehmern, die sich ihren Lebensunterhalt vielleicht außerhalb Indiens verdienen wollen die größere Chance.

Frage: Ich habe eBay kürzlich besucht und ich verstehe die Macht, die eBay auf die amerikanische Gesellschaft als ein Arbeitsgenerator hat. Mehr als 12.000 Menschen in Indien nutzen eBay derzeit als primäre Einkommensquelle. Denken Sie, dass eBay auch hier das Potential hat wie schon in Amerika, um als Arbeitsmotor zu fungieren?
L.N.: Absolut. Über eine Million amerikanischer Unternehmer verdienen heute in den USA ihren Lebensunterhalt mit eBay. In Indien sind es gerade mal 12.800, aber ich glaube, dass es eine riesige Chance ist für die Menschen in Indien, weil es eine einfache Art und Weise ist, online ein Geschäft zu beginnen.

Frage: eBay hat hier den anorganischen Wachstumsweg gewählt, um eine Kundenbasis zu erwerben, Gemeinschaften zu erwerben. … In Süd-Korea haben Sie kürzlich ähnliches getan [Gmarket Ankauf]. Ist das ein bewusster Teil der Strategie?
L.N.: Wie ich schon erwähnte, ist das weiter ansteigende Wachstum außerhalb der Vereinigten Staaten ein Hauptfokus für uns. Ich glaube, dass sowohl anorganisches Wachstum, zum Beispiel durch Akquisitionen, sowie das organische Wachsen unseres gegenwärtigen Geschäfts äußerst wichtig sind. Wir versuchen unsere weltweite Expansion einfach nur voranzutreiben.

Frage: Wie ist eBay mit dem globalen verlangsamten Wachstum umgegangen? Viele Gesellschaften in der ganzen Welt mussten ihre Unternehmenspläne überarbeiten. Was hat eBay getan?
L.N.: Wir mussten unser Geschäft sehr genau unter die Lupe und uns überlegen: Wie können wir unseren Unternehmern helfen um erfolgreich zu sein. Wir nahmen mehrere Änderungen an unserem Geschäftsmodell vor. … Wir vergrößerten während dieser Zeit unseren Kundendienst um mehr als 50%, weil unsere Verkäufer mehr Hilfe als je zuvor benötigten. … Wir mussten immer wieder prüfen, was zu tun ist, um heute, aber auch morgen noch wettbewerbsfähig zu sein.

In den USA haben wir beispielsweise eBay Guarantee eingeführt. Hierdurch wollen wir den Verkäufern mehr praktische Hilfe anbieten.

Frage: Bei der Bekanntgabe der letzten Quartalszahlen berichtete eBay von zirka 9 Milliarden US-Dollar an Einnahmen, ein großer Teil davon kam auch von den eBay Marktplätzen. Sehen Sie dass als vertikalen Wachstumsschub durch ihr Zahlungsgeschäft an? PayPal hatte ein sensationelles Wachstum.
L.N.: Wir haben zwei Business-Zweige: Die eBay Marktplätze und PayPal. Wir glauben, dass PayPal als Online-Zahlungsgeschäft unbegrenztes Potential hat.

Es hört nicht auf schnell zu wachsen, und wir glauben, dass es eine Grundmauer bilden und alle Zahlungen im Internet ermöglichen kann. Die eBay-Marktplätze wiederum sind eine großartige Gelegenheit, allgemein zu wachsen. Wir sind bereits in 39 Ländern vertreten, und wir haben viele Länder, wie auch Indien, die gerade am Anfang des E-Commerce stehen. Wir glauben, dass ein starkes Wachstum vor uns liegt und es eine massive globale Verschiebung hin zum E-Commerce und weg vom Offline-Retail geben wird.

Frage: Sie arbeiten sowohl mit der Versteigerung als auch mit dem Festpreis-Format. Ihrer Meinung nach, und auf lange Sicht gesehen,  mit welchem Format macht eBay mehr Geld?
L.N.: Versteigerungen werden immer ein großes Format für eBay sein, da gibt es keine Frage. Es hat einige eigene Vorteile – gerade die Spannung und die emotionale Verpflichtung, die man bei einer Versteigerung empfindet. Wir sehen aber auch, dass die Käufer immer mehr Online-Erfahrung haben. Sie suchen nach mehr Bequemlichkeit und wollen die unmittelbare Befriedigung dieser Pauschalpreis-Angebote.

Heute sehen wir das Festpreis-Format viel schneller wachsen als das Versteigerungsgeschäft. Im Laufe der Zeit glauben wir, dass das Festpreis-Format bei ungefähr 70% liegen wird, die Versteigerungen etwa 30% unseres Geschäfts ausmachen werden.

Beide Geschäftszweige für sich selbst sind gewinnbringend und sehr gute Formate für uns. Wir wollen Verkäufern helfen in dem Format zu verkaufen, das für sie und die Käufer am profitabelsten ist. … Manchmal brauchen Kunden etwas sofort und zuweilen sind sie bereit zu warten, und sich auf das Spiel der Auktionen einzulassen, um ein tolles Schnäppchen zu ergattern.

Frage: eBay war der Pionier im Versteigerungsformat, als dieses Format vielleicht noch die einzige Möglichkeit war, Transaktionen zwischen zwei Personen abzuwickeln. Jetzt haben sie viele Formate. … Warum das, und warum hat man nicht versucht, weltweiter Marktführer bei den Auktionen zu werden und zu bleiben?
L.N.: Als unser Gründer Pierre Omidyar die Idee von einer Online-Versteigerung präsentierte, war es eine hervorragende und elegante Idee. Nach 15 Jahren im Geschäft haben wir versucht, alle Ideen dieser Welt aufzugreifen. Folglich sehen Sie Pauschalpreis-Formate, private Versteigerungsformate, private Verkaufsformate und kürzlich führten wir Best Offer ein. Sie können hier entweder für den angegebenen Festpreis einkaufen oder dem Händler einen Preisvorschlag unterbreiten. Wir werden an allen Arten von Formaten arbeiten, um Käufer und Verkäufer erfolgreich Geschäfte abschließen zu lassen.

Frage: Einige sagen, dass eBay immer noch zu konzentriert das Versteigerungsmodell verfolgt. Gewissermaßen verpasse eBay dadurch die Chance „das Google des E-Commerce“ zu werden.
L.N.: Ich würde sagen, dass wir unsere Formate gefunden haben. Was wir tun mussten, war unsere Technologie zu öffnen und zu bearbeiten, unsere Preiskalkulation und unsere Geschäftsmodelle zu überdenken, um weiter gedeihen zu können.

Frage: Wie sieht es mit dem Konkurrenzdruck aus? Es gibt immensen Wettbewerb auf der ganzen Welt. Amazon nutzt das Festpreis-Format sehr effektiv, wie gehen sie mit diesem Druck um?
L.N.: Wir lieben Konkurrenz. Konkurrenz macht uns besser, denn wir konzentrieren uns auch auf das, was außerhalb eBays passiert. … Wir glauben, dass die vergleichende Intensität zunimmt und wir wollen sicherstellen, dass wir immer alles beobachten, was auf dem Markt passiert, und was es an Neuerungen gibt.

Frage: eBay hat nun auch damit begonnen, sich der Käufer-Verkäufer-Kommunikation praktischer anzunähern. Einige behaupten, dass dieses Modell nicht das ist, was der Verbraucher von heute will. Wie würden Sie die Situation beschreiben?
L.N.: Wir haben uns von einem Flohmarktplatz zu einem besser geführten Marktplatz entwickelt. Wir beschäftigen uns viel aktiver mit dem Käufer und den Verkäufern. Wir werden Verkäufer und Käufer aktiv verpflichten. Es gibt keine Frage, dass die Käufer-Erwartungen gestiegen sind, so wie das Internet reifer geworden ist. Wir stellen jetzt nur sicher, dass wir unsere Käufer zufriedenstellen und unseren Verkäufern helfen.

Frage: In Indien gibt es das Problem, dass viele Firmen Artikel einstellen, die eher von minderer Qualität sind. Konzentrieren sie sich auf die Sicherstellung, dass Qualität auf eBay gewährleistet ist?
L.N.: Wir haben viel dafür getan, dass der Händler die Beschreibung des Artikels sowie den Zustand der Ware spezifischer darlegen kann. Das wird auch eines der Dinge sein, die wir in den nächsten Monaten weiterhin strikt verfolgen werden. Für die Käufer soll es eine Transparenz geben, damit sie die das bekommen, was sie auch wirklich möchten.

Frage: Wie denken Sie wird sich die E-Commerce Geschichte weiter entwickeln, mit einem Internet, das sich praktisch alle 3 Monate drastisch verändert?
L.N.: Das ist genau einer der Gründe, warum ich 20 Jahre bei GE [General Electrics] blieb und ebenso einer der Gründe, warum ich jetzt bei eBay bin. Wir können nicht auf Zeit spielen. Was wir tun können, ist nahe an unseren Verbrauchern zu sein und zu sehen wie sich unsere Käufer und Verkäufer entwickeln.

Frage: Was wird die Änderung in den verschiedenen Formaten vorantreiben, sind es die neuen Online-Formate, oder sind es die neuen Möglichkeiten, Zugriff auf Online-Angebote zu haben, die die Formate ändern werden?
L.N.: Ich denke, dass es beides ist. Auf kurze Zeit gesehen, werden es die neuen Zugangsweisen sein. Tatsächlich denken wir, dass gerade der Mobile Commerce sich enorm entwickeln wird, sei es über die Smartphones oder andere Wege. Dieser Level der Neuerungen hinsichtlich mobiler Geräte zeigt eine Beschleunigung, von der wir vor 2 Jahren noch nicht geträumt haben. Und von der wir bis vor kurzem noch nicht gedacht hätten, dass dieses überhaupt möglich ist.