PayPal-Chef Deutschland zu seinen Zukunftsplänen mit dem Bezahldienst

PayPal Deutschland mit neuem Geschäftsführer, das teilten wir im April 2009 mit. Seit 1. Juli dieses Jahres ist Gregor Bieler nun in seinem Amt tätig. Kürzlich gab er dem ECommerce Magazin ein Interview über seine Pläne und Ziele bei PayPal. Während seines Studiums hatte Bieler bereits seine erste IT-Firma, Bieler & Laurent. Das Unternehmen wurde schließlich verkauft, Bieler aber merkte, dass ihm die unternehmerische Gestaltungsfreiheit am Herzen lag.

Nach dem Jurastudium und einem BWL-Aufbaustudium ist er dann 1979 zu Logitech gegangen. Gregor Bieler trug erheblich dazu bei, Logitech auf den Stand zu bringen, wo es heute steht: Mitte der 90-iger Jahre waren es zirka 500 Mitarbeiter und 200 Millionen Euro Umsatz. Inzwischen zählt das Unternehmen 8.000 Mitarbeiter weltweit und erreicht über zwei Milliarden Euro Umsatz. Der 39-Jährige erklärt im Interview, dass er eine spannende Unternehmensentwicklung bei Logitech mitgemacht hätte, nach 12 Jahren Zugehörigkeit aber eine gewisse Unruhe verspürte. Seinen Worten zufolge wollte er immer in das „Herz“ des elektronischen Handels, denn in seinen Augen habe die Hardware- und Unterhaltungsindustrie in den vergangenen Jahren einen großen Fehler gemacht, nämlich den E-Commerce als Gegner anzusehen: „Man hat dort schlecht damit umgehen können, dass auf einmal beispielweise das Pricing transparent war. Ich bin aber überzeugt, dass die Zukunft des Handels im E-Commerce liegt. Und deswegen habe ich nach einem Unternehmen gesucht, dessen Takt auch den Herzschlag des E-Commerce bestimmt“. Gefunden hat er das, was ersuchte bei PayPal, denn Payment, so Bieler, und um im Bild zu bleiben, sei die „Aorta“ des E-Commerce. Letztendlich dreht sich alles immer um Zahlungsabwicklungen und durch seinen Hintergrund im Handel habe er gelernt, den Verbraucher ins Zentrum des Handelns zu stellen, was er künftig auch bei PayPal umsetzen will.

Da Bieler bei PayPal einen soliden Unternehmenshintergrund sieht, was er für sehr bedeutend hält, ist es sein Ziel, PayPal zur Standardwährung im World Wide Web zu machen. Er vergleicht sein Ziel mit der Einführung des Euro in Europa: „Der Euro ist die Standardwährung im europäischen Wirtschaftsraum. Alle, die sich nicht daran beteiligt haben, siehe England, haben inzwischen enorme Schwierigkeiten. Die Assets dort haben sich seit der Euro-Einführung halbiert. Ich bin überzeugt, dass eine starke Währung das A und O einer starken Wirtschaft ist.“ Genauso soll der Internet-Handel durch eine Standardwährung gewinnen und gestärkt werden. Jeder, der im Netz einkauft, soll nicht darüber nachdenken müssen, wo er bestellt, ob es sicher ist oder welche Nationalität der Verkäufer hat. Das aber geht nur mit einer Online-Standardwährung.

Auf die Frage der Umsetzbarkeit erklärt Bieler, dass dies nur mit ganz großen Partnern, die viele Nutzer „einfangen“ könnten, realisierbar sei. Lufthansa oder der Bauer Versand sind schon solche Partner von PayPal mit denen der Online-Bezahldienst eine Vielzahl von Transaktionen abwickelt. Gegenwärtig sind die Bezahlvorlieben der einzelnen Nationen allerdings noch sehr unterschiedlich, denn viele Internet-Einkäufer setzen trotz PayPal und der Kreditkarte noch auf regionale Bezahlmöglichkeiten. iDEAL in den Niederlanden, die Carte Bleue in Frankreich oder auch Maestro UK in Großbritannien. Ist damit der Weg zu einer gemeinsamen Internet-Währung nicht noch sehr weit? Bieler: „Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg zu einer Standardwährung sind, denn PayPal bedient derzeit in Deutschland schon rund 10 Millionen Kundenkonten. Mein Ziel ist, dass es bald noch mehr werden. Schon heute hat theoretisch jeder 3. Online-Shopper ein PayPal-Konto. Wir wollen alte und nicht für das Internet maßgeschneiderte Lösungen in die Verbannung schicken. Vorkasse, Nachnahme – das ist doch heute nicht mehr zeitgemäß.“ Durch Web 2.0 und Social Media wird das Internet langsam auch individueller. Bieler sagt, dass PayPal, auch wenn sie den Restriktionen einer Bank unterliegen, sich demnächst auch verstärkt nach außen zeigen wird. Vermittelt werden soll: Wir sind persönlich, fachkundig und mit Enthusiasmus für unsere Kunden da. Bieler kümmert sich derzeit selbst wöchentlich um die 5 schwierigsten Beschwerden des PayPal Kundendienstes und versucht direkt mit dem Kunden zusammen Lösungen zu finden. Manche Probleme kann man lösen, so der PayPal Chef Deutschland, manche nicht, aber man kann sehr viel dazulernen.

E-Commerce spricht auch mit Gregor Bieler über die größten Probleme in der Payment-Abwicklung, den Betrügereien. Hierzu erklärt er, dass die Betrugsquote bei PayPal bei 0,3% liege, da PayPal genau das Risikomanagement mache, das die Banken nicht befriedigend lieferten. Pay­Pal ist eine der am häufigsten attackierten Webseiten im E-Commerce und täglich habe man es mit Hackern, Phishern und ähnlichem zu tun. Anders als bei mittlerweile vielen Unternehmen sei in den 10 Jahren des Bestehens von PayPal noch nie zu einem Kundendaten-Klau gekommen. „Wir sind also das Fort Knox des E-Commerce und in engem Kontakt mit dem BKA und allen sicherheitsrelevanten Institutionen. Ohne uns, die wir jede Transaktion auf Sicherheitsprobleme überprüfen, hätte das BKA sicherlich so manchen Dealer-Ring nicht geknackt. Schlägt unser Risikomanagement bei einer Transaktion an, dann wird diese manuell von einem unserer 2.500 Mitarbeiter überprüft, die sich den ganzen Tag mit nichts anderem als Risikomanagement beschäftigen.“

Das Jahr 2010 verspricht für den E-Commerce ein interessantes Jahr zu werden, da, so die Gerüchte, einige Unternehmen Überraschungen planen. Wie wir mittlerweile schon wissen, gehört auch der Online-Bezahldienst PayPal dazu (PayPal X ist nur der Anfang). Mit der Öffnung der Plattform für externe Entwickler hat PayPal alle Entwickler dazu eingeladen, die Zukunft PayPals mit zu gestalten. Gregor Bielers Ziel ist es eben auch, neue Businessmodelle rund um das Thema Payment zu fördern, die man selber nicht alleine auf den Weg bringen kann. So sollen Geschäftsmodelle bewerkstelligt werden, vergleichbar etwa mit dem Apple iApp Store. Bieler: „Das ist unser Beitrag für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Zur Zukunft des Internet sagt der Deutschlandchef von PayPal, dass man sich nicht nur mit der Öffnung der Core Payment Engine für die Zukunft mobil machen möchte. Interne und internationale Strategie-Teams beschäftigen sich mit der Frage, wie sich das Einkaufs- und Bezahl-Verhalten der Verbraucher entfalten wird. Untermauert wird das Ganze mit Untersuchungen, Analystenaussagen und den Bewertungen von Trend­-Scouts, woraus dann neue Produktideen kreiert werden. Allerdings sei die Ertrag oft sehr gering, da von etwa 100 Überlegungen im Schnitt lediglich zwei zur Marktreife kämen.