2003 war eBay völlig suchterzeugend: Wo ging all der Spaß hin?

Auf der Webseite von techcrunch.com hat Keith Rabois, Vize-Präsident Strategie und Business-Entwicklung bei Slide, einen interessanten Artikel über eBay veröffentlicht. Der Tenor des Berichtes liegt darauf, dass Social-Netzwerk-Seiten wie Facebook oder MySpace Schuld am Spaßverlust bei eBay seien. Rabois ist auf einer Diskussionsrunde beim Social Graph Symposium die Frage gestellt worden, ob eBay durch geschicktes Einsetzen des Social Graphs den Marktplatz revitalisieren könne. [Der Social Graph ist praktisch wie eine weltweite Landkarte von Teilnehmern an Social-Netzwerken und deren Verbindung untereinander]. Viele Experten, die sich mit dem Thema Social Graph befassen, sind der Meinung, dass es für eBay das alleinige Heilmittel sei. Rabois sieht das anders: Die meisten Leute sehen die schwache Wirtschaft, Amazon oder die schlechte Suchfunktionalität bei eBay als Kernproblem für den schwächelnden Marktplatz an. In Wirklichkeit aber, so Rabois, ist der echte und einzige Grund, dass eBay keinen Spaß-Faktor mehr bietet.

Im Laufe der Jahre hat eBay seine Anhänger an Webseiten wie MySpace, YouTube oder Facebook verloren. Obgleich eBay immer als Bestimmungsort des elektronischen Handels eingestuft wurde, war jedoch eine Eigenart eBays, Hauptquelle der Unterhaltung zu sein. Es war ein Ort, wo Leute sich aufhielten, Dinge suchten und alles, vom ersten defekten Laserzeigestock bis hin zu Beanie Babies oder Bob Dylan’s boyhood home, kauften. Die Jagd nach Ausgefallenem war Unterhaltung und Aufregung in einem für die eBay-Nutzer und das brachte sie auf den Online-Marktplatz.

In der Zeit um 2003 war eBay völlig suchterzeugend und wenn man eine Versteigerung gewonnen hatte war das spannend und aufregend. Dieses Entzücken ließ Leute immer wieder zum Online-Marktplatz zurückkommen, auch wenn mal eine Auktion verloren ging. Im Jahr 2004, also nur 5 Jahre zurück, besuchten im Januar etwa 50% der gesamten amerikanischen Internet-Bevölkerung die eBay-Webseite jeden Monat. Zu jeder Tages- und Nachtzeit wurde auf eBay gesurft um Dinge zu ergattern, von denen man bislang noch nicht einmal wusste, dass es sie gibt. Das war sie – die Blütezeit eBays. Was aber passierte dann?

Der Spaß-Faktor von eBay verlor sich zusehends, je mehr Social-Netzwerkseiten wie MySpace oder YouTube-ähnliche Seiten online gingen. Im Dezember 2006 besuchte fast die Hälfte der US-amerikanischen Internetbevölkerung zwar trotzdem noch eBay, allerdings mit einer sehr viel kürzeren Verweildauer. 11,9% ihrer Zeit verbrachten die Internet-Nutzer auf MySpace gegen 3,7% auf eBay, so die Daten von Compete.com. Als dann Anfang 2007 Facebook seine Plattform öffnete, gab es noch mehr Unterhaltung und noch mehr Möglichkeiten seine Zeit im Netz zu verbringen. Die eBay-Sucht wurde durch eine andere, eine noch unterhaltsamere Sucht ersetzt. Klar versuchten die eBay-Verantwortlichen Versteigerungen wieder attraktiver zu gestalten, wie beispielsweise durch eine Werbekampagne mit  dem Titel “Windorphins?, die Konsumenten an die Ausschüttung der Endorphine beim Gewinnen einer Auktion erinnern sollte.

Als John Donahoe das Ruder von eBay im Jahr 2008 übernahm, erklärte er „das Produkt eBay, die Annäherung an den Kunden und das Geschäftsmodell energisch verändern zu wollen“. Die sinnlose Anstrengung, sich mit Amazon und Google in einen Wettstreit zu begeben, scheiterte. Im Dezember 2008 waren die Besucher von eBay nur noch mit 1,5% von ihrer Gesamt-Online-Zeit (gemäß comScore Medien Metrix) auf dem Marktplatz zu finden. In den Top-Fünf hingegen befanden sich Google, YouTube.com und Fox Interactive Media, hierin eingeschlossen MySpace.com.

Wo ging all der Spaß hin? Komischerweise saßen, nachdem eBay PayPal kaufte, ein großer Teil der Hauptakteure der Unterhaltungsrevolution, in den eBay Büros: Chad Hurley und Steve Chen von YouTube fame, Peter Thiel (Facebook), Jeremy Stoppelman (Yelp), Max Levchin (Slide), David Sacks (Geni und Yammer) und andere mehr. Durch die allzu bürokratische und politische MBA-Kultur von eBay, haben wir uns jedoch alle von eBay entfremdet. So entschieden wir uns dafür, unseren eigenen Spaß anderswo zu schaffen.

Martin Sinner,Geschäftsführer von Idealo, hat den Techcrunch–Beitrag noch um seine Ideen erweitert und erklärt, dass auch Preisvergleichsseiten, die Börse und wieder einmal Amazon, den eBay-Spaß verdorben haben. Den vollständigen Artikel findet man unter: .