Es gibt sie, die Fallen im eBay-Handel – der Fall Macxperts

Auf zdnet.de hat sich der Autor Peter Marwan mit dem Phänomen eBay beschäftigt. Er bezeichnet den Handel auf eBay als ein Abenteuer. Warum, das versucht er am Beispiel von Markus Schall, Geschäftsführer des auf Apple-Produkte und -Zubehör spezialisierten IT-Händlers Macxperts zu erklären. Schall ist sauer auf das Unternehmen eBay, wobei der Grund dafür darin liegt, dass in seinen Augen eBay gegenüber gewerblichen Verkäufern nicht nachvollziehbare Gepflogenheiten an den Tag legt.

eBay war bis vor einem Jahr eine wichtige Einkommensquelle in dem Geschäftsleben von Schall, denn er setzte mit Macxperts bei eBay monatlich Waren im Wert von weit über 100.000 Euro um. Dieses Jahr im Mai werden es null Euro sein. Schalls Geschichte: Es ist Mai 2006 als Schall mit seinem Unternehmen Macxperts auf dem Online-Marktplatz eBay mit dem Handel von Apple-Hardware, Software und Zubehör für Macintosh-Rechner beginnt. Bis zum September 2008 wuchs die Umsatzkurve von Macxperts kontinuierlich und stark. eBay zog natürlich aus seinen Nutzen daraus, denn allein im Jahr 2008 erhielt der Online-Marktplatz von Schall 36.463,09 Euro an Gebühren, etwa 3.038,59 Euro monatlich. Schall wähnte sich als leistungsfähiger Geschäftspartner von eBay, musste dann aber schnell erkennen, dass dem nicht so war. Als erste Probleme im Handel auftraten, die nach Aussagen Schalls nicht direkt auf Macxperts zurückzuführen waren, sah er sich von eBay im Stich gelassen. Das Unternehmen eBay sieht das aus einem anderen Blickwinkel, da für den Online-Marktplatz die Schwierigkeiten schon nach einem Adresswechsel im April 2008 angefangen hätten. Trotz mehrmaliger Anweisung hätte Schall, eine durch den Adresswechsel hervorgerufene erforderliche erneuerte Authentifizierung nicht vorgenommen, wodurch sich sein Status verschlechtert hätte. Laut eBay seien auch von Schalls Account keine Mails mit Problemmeldungen bei eBay eingegangen. Eine Aufzeichnung über geführte Telefonate lägen nicht mehr vor. Aus diesen Aussagen heraus ein Urteil zu fällen, wer von den beiden Parteien im Recht ist, dürfte schwerfallen.

Interessant für die Allgemeinheit und die gewerblichen Händler im Besonderen ist allerdings: Es gibt sie, die Fallen im eBay-Handel. Als Verkäufer sollte man also Strategien bereit haben, um sich vor diesen dann zu schützen. Macxperts Probleme begannen mit Lieferschwierigkeiten im Herbst 2008, hervorgerufen durch Lieferengpässe bei Zubehörlieferanten beziehungsweise deren Großhändlern. Die Käufer reagierten darauf mit schlechteren Beurteilungen, denn bei den detaillierten Bewertungen der Lieferzeit, einer Unterkategorie der detaillierten Verkäuferbewertung, sank der Schnitt im Oktober 2008 unter 4,0 Punkte. Als Folge wurden die Einstellungen Schalls mit einer schlechteren Platzierung abgestraft. Schall wirft eBay vor, dass man Konsumenten mit der Aussage ködere, dass jeder Artikel direkt lieferbar sei. Das, so Schall, sei in seinem Bereich allerdings nicht immer möglich. Auf der anderen Seite müsste Schall als eBay-Händler auch wissen, dass eBay durch seine Regeln vorschreibt, dass nur Artikel angeboten und veräußert werden dürfen, die sich zum Termin des Angebots im Besitz des Händlers befinden. Hierdurch soll Missbrauch abgewehrt werden und ferner Verkäufer darin gehindert werden, zur Beschaffung der Ware das Geld aus dem Verkauf zu verwenden. Auch wenn diese Vorgehensweise sehr verbreitet ist, so ist es wirtschaftlich betrachtet gefährlich und hat häufig längere Lieferzeiten zur Folge. Eine eBay-Sprecherin reagiert auf die Bedenken, dass durch die oben beschriebene Vorgehensweise besonders Händler mit gebräuchlichen Waren im Vorteil seien, da sie mit längeren Zahlungszielen oder anderen Möglichkeiten der Lagerhaltung arbeiten können, mit der Aussage: „Es gibt auch genügend kleine Händler, die in diesen Segmenten erfolgreich arbeiteten.“

Schaut man sich den eBay Grundsatz zu Lieferzeiten genauer an, so stellt man fest, dass es bei der Vorschrift der sofortigen Lieferung jedoch auch Einschränkungen gibt. So gilt bei Waren, die eigens hergestellt werden müssen, das Prinzip der sofortigen Lieferung nicht: „Grundsätzlich muss Ware innerhalb von 30 Tagen nach Vertragsschluss geliefert werden und der Verkäufer im Angebot deutlich darauf hinweisen, dass es sich um einen Artikel handelt, den er nicht unverzüglich nach Vertragsschluss ausliefern kann, aber spätestens 30 Tage danach liefern wird.“ Das so Markus Schall sei geschehen. Bei allen Produkten, bei denen nicht sofort ausgeliefert werden konnte, hätte man an exponierter Stelle in der Artikelbeschreibung, in fettgedruckter, roter Schrift darauf hingewiesen. Viele Käufer jedoch ignorieren solche Angaben. Dass es dann schneller zu schlechten Bewertungen von Käufern komme, sieht Schall auch dadurch gegeben, dass seit Februar 2008 bei Abnehmern die Hemmschwelle für negative Wertungen eindeutig gesunken sei, da Verkäufer für ihre Kunden kein Feedback mehr abgeben dürfen.

Ein anderes Problem taucht dadurch auf, dass Verbraucher im Dschungel der Möglichkeiten der Bewertungen oftmals die Einzelbewertung in Form der Sterne als nicht relevant betrachten. Diese sind aber neben den detaillierten Verkäuferbewertungen ein wichtiger Punkt für die gute Platzierung in den Suchresultaten. Käufer ziehen, obwohl sie mit dem Service des Händlers einigermaßen zufrieden waren, trotzdem wegen Geringfügigkeiten häufig 1 oder 2 Sterne ab, weil dieses oder jenes Detail nicht zur vollständigen Zufriedenheit ausreichte. eBay registriert diesen Abzug sofort und quittiert ihn mit einer schlechteren Platzierung, ohne vielleicht zu erkennen, dass der Konsument das Bewertungs-System nicht komplett durchschaut hat. Schall merkt hierzu an: „Obwohl das System der Einzelbewertungen von 1 bis 5 Sternen reicht, wirkt sich eine Bewertung ab 4 Sternen abwärts bereits in vollem Umfang negativ auf den Verkäufer aus. Eine schlechtere Platzierung in den Suchergebnissen erfolgt bereits ab einem Durchschnitt von 3,9 Punkten in den letzten 30 Tagen.“

Und hier kommt wieder die, von eBay-Nutzern häufig kritisierte mangelnde Transparenz zu Tage: Das Problem ist nämlich erst dann zu erkennen, wenn es zu spät ist, denn die detaillierten Bewertungen durch den Käufer für Verkäufer sind nicht einsehbar. Als Händler sieht man nur die öffentliche Bewertungsübersicht. eBay kontert: „Lediglich schlechte detaillierte Bewertungen, nämlich 1 oder 2 Sterne, wirken sich auf die über die letzten 30 Tage gemittelte Statistik aus. In der Vergangenheit ist eine Minorität der Händler für die vielen schlechten Käufererfahrungen verantwortlich gewesen. Um das abzustellen, ist die Messlatte absichtlich hoch angelegt worden.“ Das Unternehmen eBay ergreift im Falle von Zuwiderhandlung gegen seine Richtlinien Maßnahmen und ahndet Verstöße mit Konsequenzen, die bis hin zum vollständigen Ausschluss von der Plattform gehen. Schall von Macxperts hält die Sanktionen eBays in vielen Fällen für überspitzt. Seiner Einschätzung nach fangen nach den Sanktionen nämlich auch oft die wirklich großen Schwierigkeiten an, so wie bei ihm geschehen: Sein eBay-Konto wurde eingeschränkt, mit der Begründung, dass seine detaillierten Bewertungen unzureichend seien. Nach der Einschränkung seines eBay-Kontos auf die Hälfte des davor üblichen Handelsvolumens für 30 Tage am 26.Januar 2009 hat Macxperts in den Monaten Februar und März mit Umsatzeinbußen von 50% zu kämpfen gehabt. Laut Schall sind alle seine Bemühungen mit eBay in Kontakt zu treten gescheitert, da es nicht möglich gewesen sei einen „konstruktiven Dialog“ zu führen. eBay hält dagegen und erklärt, dass die Kommunikationsmöglichkeiten vom Status des Händlers abhingen, den man sich allerdings erst einmal verdienen und dann auch beibehalten müsse.

Schall konnte das Tal überwinden, musste aber dann gleich den nächsten Schlag hinnehmen: Am 27. April 2009 wurde sein Konto neuerlich für 30 Tage eingeschränkt. Überdies entfernte eBay alle aktuellen Offerten. Drei neutrale und eine negative Beurteilung waren ausschlaggebend für die erneute Sanktion. Und das, obwohl die Kundenzufriedenheit zu diesem Moment beim Macxperts- Shop bei 98,9% lag, die sich aus den Berechnungen der Bewertungen von mehreren hundert Konsumenten in den vorangegangenen Wochen ergeben hat. Doch diese 98,9% spielten keine Rolle mehr, nachdem eBay im Mai 2008 sein Feedback-System geändert hat. Auch das neu eingerichtete, sogenannte Verkäufercockpit, half hier nicht weiter. Schall hätte nun vielleicht noch die Option gehabt, die Käufer zu den von ihnen hinterlassenen Bewertungen zu kontaktieren, doch das verstößt gegen das eBay-Reglement. Die Darstellungen im Verkäufercockpit dürfen ebenfalls nicht dazu benutzt werden, die Anonymität der detaillierten Verkäuferbewertungen aufzuheben. Wozu dient also das Verkäufercockpit? Den Händlern jedenfalls hilft es nicht weiter.

Schall sieht eBay in der Schuld für seine Misere, denn eBay habe durch die ergriffenen Maßnahmen die Pleite seines Shops ausgelöst. Viele Händler haben gerade im letzten Jahr eBay den Rücken zugewandt, was allerdings nicht so einfach ist, da es auf anderen Plattformen unter anderem aufgrund der mangelnden Kundenfrequenz deutlich länger dauert, profitable Umsätze zu erzielen. Ferner ist es abseits von eBay oft schwierig, die Absätze in einen Bereich zu steigern, in dem sich dann auch wettbewerbsfähige Preise und Lieferbedingungen erzielen lassen. Schall meint: „Wer den Absprung nicht frühzeitig vorbereitet und nicht massiv Kosten senkt, wird bei drastischen Umsatzeinbußen durch Sperrungen oder Einschränkungen von der eigenen Kostenlawine überrollt.“ Eine Studie von ibi Research belegt die Aussagen von Marcus Schall, denn wie hier im November 2008 festgestellt wurde, ist die Bedeutung von Versteigerungsplattformen stark nachlassend. Der Online-Marktplatz eBay ist immer noch eine der wichtigsten Plattformen für Verkäufer. Immerhin 96% bieten ihre Waren auf dem Online-Marktplatz an.

So wie Macxperts ging es vor kurzem auch dem eBay-Powerseller Logotrans, der sich ebenso auf Apple-Erzeugnisse spezialisiert hatte. Auch hier wurde der eBay-Account, aus Sicht des Shop-Betreibers, grundlos gesperrt. eBay begründete die Sperrung mit Zweifeln an der Aufrichtigkeit eines Logotrans-Lieferanten, dessen Account jedoch nicht geschlossen worden war. Nach Anforderung verschiedener Lieferscheine, Rechnungen, etc. und deren Einreichen bei eBay, blieb das Konto dennoch gesperrt, wodurch Logotrans enorme Einsatzbußen hinnehmen musste.

Die Frage, die sich nach den Schilderungen nun stellt, ist wie sieht die gesetzliche Lage aus? Eines ist klar, ohne einen Anwalt, der sich auf den Gebieten Neue Medien, Urheberrecht und E-Commerce auskennt, hat man als Laie keine Chance. Die bislang getroffenen Entscheidungen zu verschiedenen Fällen, wie eBay-Bewertungen oder auch dem Sperren eines eBay-Accounts, können nicht generalisiert werden. Häufig haben die Richter anhand von Einzelheiten ihre Urteile gefällt. Für eBay-Händler ist es natürlich schwer zu verstehen, dass eBay schalten und walten kann, ohne auch nur ansatzweise plausible Argumente zu unterbreiten. Ein weiterer Knackpunkt für eBay-Händler, die Änderung des Bewertungs-Systems im letzten Jahr, denn selbstgegen grundlose negative Bewertungen können sie sich kaum wehren. Hinzu kommt, dass es wahrscheinlich immer schwieriger wird, den richtigen Ansprechpartner für seine Probleme zu finden, da in letzter Zeit der Stellenabbau bei eBay Einzug gehalten hat.

Schaut man sich im E-Commerce um, so hat außerdem der Direktversand bei vielen Online-Händlern den Vorrang bekommen, das bedeutet die georderte Ware wird direkt vom Hersteller zum Besteller versandt, was in vielen Fällen sehr viel wirtschaftlicher ist. Nach den Statuten von eBay ist dies aber eigentlich nicht erlaubt. Bedient sich also ein eBay-Händler des Direktversands begibt er sich dadurch wiederum in Gefahr, gesperrt zu werden.  Es ist verständlich und auch wünschenswert, dass eBay schwarze Schafe von der Plattform fernhalten möchte. Auch ist es nachvollziehbar, dass eBay bei der Vielzahl an Nutzern nicht auf jeden individuell eingehen kann. Doch wäre es genauso erstrebenswert, dass eBay seine verschiedenen Sanktionen gegenüber seinen Händlern noch einmal überdenkt. eBay-Verkäufer können sonst den Online-Marktplatz nur dazu nutzen, um ein wenig Taschengeld zu verdienen. Für den Lebensunterhalt müssen sie sich andere Standbeine suchen. Käufer hingegen können mit der Situation auf dem Online-Marktplatz zufrieden sein. Denn für sie wurde in der vergangenen Zeit viel getan.