Anti-Pirateriegesetz lässt Internet-Traffic einbrechen

Die Einführung eines neuen Anti-Piraterie-Gesetzes hat in Schweden zu einer deutlichen Reduktion des Internet-Traffics geführt. Seitdem das auf der Intellectual Property Rights Enforcement Direktive (IPRED) der Europäischen Union basierende Urheberrechtsgesetz am 1. April in Kraft getreten ist, ist der Online-Datenverkehr um rund 30 Prozent zurückgegangen. Dies bestätigt das schwedische Internet-Measurementunternehmen Netnod, demzufolge statt der gewohnten 120 Gigabit pro Sekunde (Gbps) nur mehr durchschnittlich 80 Gbps an Daten durch die heimische Netzinfrastruktur fließen. Das neue Gesetz, das es Rechteinhabern ermöglicht, die Internetprovider mithilfe einer richterlichen Befugnis zur Auskunft über die Identität von mutmaßlichen Online-Piraten zu zwingen, hat in Schweden bereits im Vorfeld heftige Proteste ausgelöst.

“Das Gesetz ist eine absolute Katastrophe, nicht nur für die schwedischen Filesharer, sondern für das ganze Land”, stellt Chrisitan Engstrom, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Schwedens, gegenüber der BBC fest. Das Vorgehen gegen illegale Tauschbörsennutzung sei Sache der Polizei und nicht der Internetprovider, deren Aufgabe nicht in der Durchsetzung der Gesetze liegen könne. “Nun haben wir es privaten Unternehmen auf gesetzlicher Basis ermöglicht, unsere zivile Bevölkerung zu verfolgen. Das ist nicht die Art, wie westliche Demokratien funktionieren”, kritisiert Engstrom. Dass der Internetverkehr in Schweden aktuell derart eingebrochen ist, sei eine direkte Konsequenz der neuen Gesetzeslage. Nach Einschätzung des Piratenpartei-Mitglieds werde sich der Traffic erst in einigen Wochen wieder erholt haben. Grund dafür sei unter anderem wohl auch der Umstand, dass “die Leute einige Zeit brauchen werden, um ihre Sicherheitseinstellungen abzuändern, damit sie anonym weiterhin Tauschbörsen nutzen können”.

“Laut einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs können die EU-Mitgliedsstaaten grundsätzlich eine Verpflichtung zur Weitergabe personenbezogener Verkehrsdaten an Dritte zum Zweck der zivilgerichtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverstößen vorsehen”, erklärt Andreas Wildberger, Generalsekretär der Internet Service Providers Austria (ISPA), auf Anfrage von pressetext. In Österreich habe der Oberste Gerichtshof den EuGH-Beschluss bislang jedoch noch nicht auf ein derzeit laufendes Verfahren angewendet. “Laut EuGH-Entschluss sind die Mitgliedsstaaten im konkreten Fall dazu verpflichtet, die nationale Regelung so zu gestalten, dass die Achtung des Grundrechts auf Privatsphäre und des Grundrechts auf Eigentum in Ausgleich zueinander stehen, das heißt verhältnismäßig sein müssen”, betont Wildberger. So dürfe die Herausgabe von Benutzerdaten etwa nur auf Basis einer richterlichen Entscheidung erfolgen. “Dies ist nach wie vor der beste Garant für die zu wahrende Verhältnismäßigkeit”, meint der ISPA-Generalsekretär.

Dass sich der Anti-Pirateriekampf nach Großbritannien und Frankreich nun auch in Schweden zusehends verschärft, kommt nicht von ungefähr. So sind laut den jüngsten Zahlen von Statistics Schweden, der offiziellen Statistikagentur der Regierung, rund acht Prozent der schwedischen Bevölkerung in Internet-Tauschbörsen aktiv. Mitverantwortlich für die enorme Beliebtheit des Filesharings ist sicherlich auch der bekannte Torrent-Tracker The Pirate Bay, deren schwedische Betreiber am 17. April den Urteilsspruch im Urheberrechtsprozess gegen die Musikindustrie erwarten.

Frank