Microsoft & Co vor Ausstieg bei Tracking-Werbung

Das umstrittene digitale Werbe-Tracking-System Phorm steht kurz davor, einen herben Rückschlag in Großbritannien zu erleiden. Wie der Guardian berichtet, zeichnet sich nämlich bei den großen Internetkonzernen ein Umdenken bezüglich des Einsatzes der Technologie, die den Nutzern individuell maßgeschneiderte Werbung ermöglichen soll, ab. Die Webfirmen würden sich zunehmend Sorgen um das Vertrauensverhältnis zu den eigenen Kunden machen, das durch das in der Vergangenheit bereits des Öfteren in die Kritik geratene Online-Werbesystem stark belastet werde, heißt es in dem Bericht. Ausschlaggebend für den möglichen Strategiewechsel sei vor allem ein offener Brief, den die britische Bürgerrechtsorganisation Open Rights Group an die „Big Player“ Microsoft, Google, Facebook, AOL, Yahoo, Amazon und eBay adressiert habe. Diesen wird darin nahegelegt, sich „zum Schutze der Privatsphäre der User“ gegen den Einsatz von Phorm zu entscheiden.

„Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Ausstieg aus dem Phorm-System sich zum eigenen Vorteil auf die Unternehmen und ihre Konsumenten auswirken wird“, stellt Jim Killock, Executive Director der Open Rights Group, in dem offenen Brief fest. Das Online-Werbesystem biete hierfür sogar eine recht einfache Möglichkeit an. „Der einfachste Weg für die Webkonzerne, sich per ‚Opt-out‘ gegen Phorm zu entscheiden, ist das Schicken einer E-Mail mit der entsprechenden Botschaft an die zuständigen Internetprovider. Wir raten allen Unternehmen dringlichst, Gebrauch von dieser Ausstiegschance zu machen und dadurch das Schadensrisiko für Betrieb und Kunden zu reduzieren“, betont Killock. Wenn die Web-Anbieter sich dafür entscheiden würden, keinerlei User-Daten von ihren Seiten weiterzugeben, sei das auch eine wichtige Maßnahme zum Schutz des Ansehens der eigenen Marke. „Die öffentliche Bekanntgabe eines Ausstiegs wird das Vertrauen der Kunden sicherlich stärken“, meint Killock.

Mit Hilfe von Phorm lassen sich alle besuchten Seiten der Providerkunden analysieren, um aus den so ermittelten Daten ein detailliertes Interessensprofil der Nutzer zu erstellen. So kann den Usern auf allen Seiten, die sie besuchen, maßgeschneiderte Werbung gezeigt werden. Dieser Ansatz des sogenannten „Behavioral Targeting“ wird in der Werbebranche zwar zunehmend populärer, stößt bei Datenschützen und Bürgerrechtlern aber zunehmend auf Widerstand. „Die datenschutzrechtliche Problematik des ‚Behavioural Advertising‘ entscheidet sich über die Frage, welche Daten gesammelt werden. Sind darin Informationen enthalten, die beispielsweise über die berufliche Tätigkeit hinausgehen und bestimmte Verhaltensweisen der Konsumenten herauslesen lassen, muss eine klare Grenze gezogen werden“, stellt Volker Nickel vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft auf Anfrage von pressetext klar. Die aktuelle Brisanz derartiger Themen zeige sich nicht zuletzt auch in der derzeit heftig geführten Debatte um das Bundesdatenschutzgesetz in Deutschland.