Heftiger Protest gegen Internetzensur in Australien

Was in China schon zur Normalität gehört, ruft nun in Australien heftige Kritik hervor: Das harte Vorgehen der australischen Regierung gegen unerwünschte Inhalte im Internet. Die Web-Community kritisiert vor allem eine schwarze Liste, auf der die zuständige Aufsichtsbehörde „Australian Communications and Media Authority“ (ACMA) alle Webseiten zusammengefasst hat, die ihrer Auffassung nach die australische Jugend verderben könnten. Die Liste wurde ohne vorherige offizielle Ankündigung auf dem Portal Wikileaks veröffentlicht, zu dem die Öffentlichkeit Zugang hat und sich nun von dem tatsächlichen Ausmaß der Internetzensur in Australien überzeugen konnte. Aufgeführt sind auf dieser Liste unter anderem Online-Poker-Seiten, YouTube-Links, Wikipedia-Einträge und Homepages von bestimmten Glaubensgemeinschaften. Laut einem Bericht des Sydney Morning Herald befinden sich aber auch ein Zahnarzt und ein Reiseveranstalter darunter. Für viele mag es überraschend anmuten, dass Australien derartig reagiert.

Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen (ROG) hatte schon anlässlich des kürzlich abgehaltenen „Welttags gegen Internetzensur“ darauf hingewiesen, dass das Land schon seit einiger Zeit „unter besonderer Beobachtung“ stehe. Im Unterschied zu anderen Nationen aber werden Interdissidenten in Australien selten verhaftet. „Obwohl Australien auf den ersten Blick als funktionierende Demokratie gilt, widmet ROG der dortigen Zensurpraxis im Internet besondere Aufmerksamkeit. In Australien kann beispielsweise die Telekommunikations-Regulierungsbehörde Webseiten sperren lassen, über die sich Bürger beschwert haben. Zudem erlaubt eine Anti-Terror-Gesetzgebung der ACMA, ‚verdächtige‘ private E-Mails abzufangen“, schildert Anja Viohl, Pressereferentin bei ROG in Deutschland, gegenüber pressetext.  Nach einer neuen Gesetzesvorlage im Kampf gegen Kinderpornographie, Diffamierung und zum Schutz von Autorenrechten können überdies Internetfirmen verpflichtet werden, private Internetverbindungen zu filtern.

Der australische Kommunikationsminister Stephen Conroy sagte in einem Interview mit dem Sydney Morning Herald,
dass die von der ACMA zusammengestellte schwarze Liste vor allem als Basis für die eingesetzte Internet-Filtertechnologie wichtig sei. Diese soll den Zugang zu illegalem Web-Inhalt blockieren. Unter diese Inhalte fielen besonders die kinderpornografischen und gewaltverherrlichenden Materialien und Inhalte, die ausführliche Anweisungen für Verbrechen geben oder speziell die Durchführung von Terroranschlägen begrüßen. Senator Nick Minchin, Kommunikationssprecher der politischen Opposition in Australien: „Es ist zwar bedauerlich, aber die Realität zeigt, dass sich illegale Webinhalte auch nicht durch schwarze Listen und Filtersysteme verhindern lassen. Diejenigen, die das nötige Know-how besitzen, werden immer einen Weg finden, an diese Inhalte heranzukommen.“ Minchin ist der Meinung, dass der allerbeste und effizienteste Weg, um die Sicherheit für Kinder und Teenager im Internet zu verbessern, in erster Linie über die Eltern führt. Jedoch müssten diese auch ihre Aufsichts- und Kontrollpflichten ernsthafter wahrnehmen.