Cyber-Mobbing ist das eigentliche Problem für Jugendliche

Wie so oft gibt es zu einer Studie auch immer wieder eine Gegenstudie. Des Öfteren berichteten wir bereits von den Bedrohungen für Kinder und Teenager, die vom Internet ausgehen. Jetzt hat eine US-Untersuchung ergeben, dass die große Angst vor Internet-Bedrohungen für Jugendliche deutlich überzogen sei. Eine Untersuchungsgruppe von 49 amerikanischen Staatsanwälten hat sich erschöpfend mit der Thematik von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige im World Wide Web beschäftigt und dabei herausgefunden, dass im Grunde kein beängstigendes Problem besteht. Die Resultate stehen damit im klaren Widerspruch zur landläufigen Meinung zu Internet-Gefahren und den Informationen in den Medien.

Internet Safety Technical Task Force, so der Name der Studiengruppe, stand unter der Leitung des „Berkman Center for Internet and Society“ und war damit beauftragt worden, das Ausmaß der Bedrohungen für Kinder zu erfassen, die aus Internet-Netzwerken wie MySpace und Facebook hervorgehen. Bei den Arbeiten kam heraus, dass die eigentliche Problematik eher am gegenseitigen Mobbing der Jugendlichen untereinander liegt, offline und online, als an eventuellen sexuellen Übergriffen.

John Cardillo, Chef von Sentinel Tech Holding, dem Betreiber einer Datenbank zur Verfolgung von Sexualstraftätern, der ebenfalls an dem Projekt mitgearbeitet hat erklärt: „Die Feststellung zeigt, dass soziale Netzwerke nicht diese „schrecklichen Nachbarschaft“ im Netz sind. Social Networks sind realen Gemeinschaften sehr ähnlich. Sie sind überwiegend aus unbescholtenen Menschen zusammengesetzt, die sich dort aus den richtigen Gründen bewegen.“

Die bundesdeutsche Initiative jugendschutz.net betrachtet die amerikanischen Ergebnisse allerdings zweifelnd. Auf Anfrage von pressetext berichtet Katja Knierim, Projektleiterin Chats & Communitys bei jugendschutz.net: „Wir recherchieren seit vielen Jahren in Chats, Instant Messengern und inzwischen auch in Social Communities und stellen dabei leider immer wieder fest, dass sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche in vielen Angeboten nach wie vor an der Tagesordnung sind.“ Sie fährt fort, dass vor allem dort, wo die Anbieter der Dienste keine greifenden Schutzmaßnahmen eingliederten, eine hohe Gefahr der Belästigung für Kinder und Jugendliche bestünde. Allerdings gibt Knierim auch zu, dass Cyberbullying, also Mobbing im Netz, ein anwachsendes Problem darstellt und besonders in den Schüler-Gemeinschaften zu finden ist.

Die US-Arbeitsgruppe durchleuchtete wissenschaftliche Daten über Online-Sexualstraftäter und kam zu der Feststellung, dass Kinder von Erwachsenen im Internet eher selten behelligt werden. In den Fällen, die es durchaus auch gibt, reagieren die Teenager oft zu bedenkenlos auf zweifelhafte Angebote. Andere wiederrum stehen generell unter einem höheren Risiko, weil sie aus sozial kaputten Verhältnissen stammen, so der Bericht.

Für Facebook oder MySpace, sowie die anderen Social Networks sind die Resultate der Studie wahrscheinlich erleichternd, waren sie doch in den vergangenen Jahren zunehmend in das Kreuzfeuer der Kritik geraten, dass Bedrohungen aus dem Netz hauptsächlich von ihren Seiten ausgingen. Aber nicht nur in Deutschland steht man dem Bericht mit Skepsis gegenüber, auch in den USA wird die Studie angezweifelt. Richard Blumenthal, Staatsanwalt von Connecticut und Mitbegründer der Task Force, übte bereits heftige Kritik an dem Report. Blumenthal beanstandet, dass „feindliche Bedrohungen heruntergespielt“ würden. Seiner Meinung nach beruhen die Ergebnisse auf längst überholten Daten. Zudem biete man keinen Lösungsansatz, wie man die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen verbessern könne. Er ist außerdem der Ansicht, dass die harte Realität sich den statistischen Studienresultaten, die dem Bericht zugrunde liegen, widersetzt.