Verbraucher scheuen trotz verbraucherfreundlicher Rechtssprechung den Onlinekauf

Eigentlich verwunderlich, aber Tatsache: Viele Verbraucher haben immer noch eine Hemmschwelle zu überwinden, wenn es darum geht, im Internet einzukaufen. Eigentlich unverständlich, denn der Kunde steht an der virtuellen Ladentheke besser da als an der realen. Freizügigere Widerrufs- und Rückgaberechte sorgen für Sicherheit beim Online-Einkauf.

Entsprechend Fernabsatzgesetz darf man im Internet erworbene Waren innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückgeben. Dieses Recht gibt es im stationären Laden so nicht, denn hier geht es nur auf Kulanz oder wenn die Ware einen Makel hat.

Sabine Heukrodt-Bauer, Fachanwältin für IT-Recht in Mainz gegenüber spiegel online: „Die Rechtssprechung ist extrem verbraucherfreundlich. Und die Verbraucherrechte werden sogar noch weiter ausgebaut.“

Die meisten Probleme entstehen bei den Retouren, der Erstattung von Lieferkosten und Wertersatz für Gebrauchtwaren. Ändern soll das die BGB-Informationspflichten-Verordnung, wo direkt im 1. Paragrafen aufgeführt ist, worüber ein Händler seine Kunden aufklären muss. Der Anhang besteht aus Mustertexten für klare und eindeutige Rückgabe- und Widerrufsbelehrungen. Online-Händler haben nun bis zum 1. Oktober 2008 diese Ausführungen in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) zu übernehmen und bis zum Ende des Jahres soll die Verordnung Gesetzes-Status bekommen.

Laut BGB-Informationspflichten-Verordnung müssen Händler den Verbraucher beim Kauf in Schriftform über Liefer-, Versand- und Rückgabebedingungen belehren und informieren. Die Frist für einen Widerruf des Einkaufs beginnt erst mit Erhalt und Annahme dieser schriftlichen Belehrung, jedoch nicht vor Eingang der Ware. Vergisst ein Händler den Text, läuft die Widerrufsfrist unendlich – ohne Zeitlimit.

Waren an- und ausprobieren ist beim Online-Shopping also genauso unproblematisch wie in realen Geschäften. Zugegeben, die Sache hat dennoch einen Haken: Die Retoure sichtbar genutzter Artikel innerhalb der 14 Tage verpflichtet zu Wertersatz, allerdings ist die Höhe oftmals ein Knackpunkt. Es gibt zwar eine Faustregel, nach der der Händler den Wert errechnen kann, doch auch hier gibt es oft Streitigkeiten. Als Faustregel gilt: Der Händler schätzt den Preis, den er für die gebrauchte Ware noch verlangen und erzielen kann, und stellt dann den Unterschied zum Neupreis in Rechnung.

Rechtsannwältin Sabine Heukrodt-Bauer, die auch Online-Händler vertritt in spiegel online: „Wenn die Nutzung eindeutig erkennbar ist, sollte man als Händler den vollen Verkaufspreis einbehalten. Unschöne Höhepunkte sind getragene Abendkleider, die noch nach Zigarette und Schweiß riechen“.

Die Versendungskosten zum Käufer muss ein Händler bei Rückgabe zurückzahlen. Die Kosten für eine Rücksendung trägt bei Warenwerten bis 40 Euro der Kunde, was darüber liegt, muss der Verkäufer übernehmen, solange der Kunde schon vorab bezahlt hat. Und das ist beim Internet-Handel durch Vorkasse oder Kartenzahlung üblich.

Die Vorschrift seitens der Händler, Waren nur in Originalverpackung zurückzusenden und einen angeforderten Retourenschein verwenden zu müssen, ist keine Pflicht. Was die Gewährleistungsfrist bei Offline- oder Online-Einkäufen betrifft, so gibt es hier keine Unterschiede. Sie beträt in jedem Fall 2 Jahre.

Edda Castelló, Leiterin der Abteilung Geld und Recht in der Verbraucherzentrale Hamburg schildert die Erfahrungen der auftretenden Streitigkeiten im Internethandel wie folgt: „In den meisten Fällen geht es darum, dass bezahlt wurde, aber keine Ware ankommt. Der Kunde muss in der Regel vorab bezahlen, ob die Ware wirklich ankommt, bleibt sein Risiko.“ Vor dem Einkauf sollte der Kunde daher im Impressum nach Adresse und Telefonnummer des Händlers schauen. Sind diese Angaben unvollständig oder liegt der Firmensitz im Ausland, gestalten sich Reklamationen schwieriger, so Castelló. Sollte die Ware nicht ankommen, empfiehlt Castelló ein Einschreiben mit Rückschein, in dem eine Frist gesetzt wird. Nach Ablauf dieser angegebenen Frist kann man vom Kauf zurücktreten und sein Geld zurückfordern. Hilft all dies nicht, sollte man den Anwalt hinzuziehen.

Viele Online-Händler setzen auf Siegel als Vertrauensbeweis, doch auch hier warnt Castelló: „Es gibt zu viele und es ist eine vorgegaukelte Sicherheit. Wenn der Laden in die Insolvenz geht, sieht man sein Geld trotz Siegel nicht wieder.“ Eine mögliche Orientierung gibt die Initiative D21, eine Verbindung aus Politik und Unternehmen der Informationswirtschaft. Sie empfiehlt 4 Siegel für den sicheren Einkauf im Netz:

„Safer Shopping“ vom TÜV Süd, Trusted Shops , das „Geprüfter Shop-Siegel“ vom EHI Retail Institute, das auch vom Bundesverband des deutschen Versandhandels ausgegeben wird und das Datenschutzgütesiegel ips.

Angeführte Shops müssen sich bestimmten Regeln unterwerfen, und werden dahingehend auch kontrolliert. Insgesamt scheint es jedoch, dass der Internet-Einkauf, trotz der vielen Verbraucher-Vorbehalte, sicher ist und immer sicherer wird.