EU-Kommission begrüßt Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation von Online-Plattformen im Vorfeld der Europawahlen

pen 2181101 960 720
pixabay.com ©ulleo (Creative Commons CC0)

Die Europäische Kommission hat heute die neusten Berichte von Facebook, Google und Twitter über die Fortschritte veröffentlicht, die diese Unternehmen im März 2019 bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zur Bekämpfung von Desinformation erzielt haben. Diese drei Online-Plattformen haben den Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation unterzeichnet und zugesagt, im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 monatlich über ihre Maßnahmen Bericht zu erstatten.

Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident, Andrus Ansip, die Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, VěraJourová, der Kommissar für die Sicherheitsunion, Julian King, und die Kommissarin für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Gabriel, äußerten sich in einer gemeinsamen Erklärung positiv zu den Fortschritten:

„Wir sind erfreut über die Bemühungen von Facebook, Google und Twitter um mehr Transparenz im Vorfeld der Europawahlen. Wir begrüßen die weiteren Maßnahmen der drei Unternehmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Kodex.

Sie alle haben mit der Kennzeichnung von politischen Werbeanzeigen auf ihren Plattformen begonnen. Facebook und Twitter haben schon Aufstellungen (sogenannte Bibliotheken) politischer Werbeanzeigen öffentlich zugänglich gemacht, bei Google befindet sich eine solche Bibliothek nun in der Testphase. Somit wird der Öffentlichkeit mehr Transparenz bezüglich politischer Werbung geboten.

Allerdings sind weitere technische Verbesserungen sowie ein Austausch von Methoden und Datensätzen in Bezug auf Scheinkonten erforderlich, um unabhängigen Sachverständigen, Faktenprüfern und Forschern eine objektive Bewertung zu ermöglichen. Gleichzeitig ist es bedauerlich, dass Google und Twitter noch keine weiteren Fortschritte im Bereich der Transparenz von themenbezogener Werbung zu verzeichnen haben. Gemeint sind hiermit Themen, die in Zeiten von Wahlen hohe Wellen schlagen.

Wir freuen uns, dass Facebook, Google und Twitter die Zusammenarbeit im Rahmen des Verhaltenskodex zum Anlass genommen haben,zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Integrität ihrer Dienste zu gewährleisten und gegen böswillige Bots und Scheinkonten vorzugehen. Insbesondere begrüßen wir, dass Google nun verstärkt mit Faktenprüfungsorganisationen und -netzwerken zusammenarbeitet. Darüber hinaus laufen bei allen drei Unternehmen Initiativen zur Förderung der Medienkompetenz und zur Schulung von Journalisten und Wahlkampfteams.

Die von den Unternehmen ergriffenen freiwilligen Maßnahmen sind ein Schritt zur Unterstützung transparenter und inklusiver Wahlen und zum besseren Schutz unserer demokratischer Prozesse vor Manipulation, doch es gibt weiterhin viel zu tun. Wir freuen uns auf die nächsten Berichte über weitere Fortschritte im Vorfeld der Europawahlen, die im April vorgelegt werden.“

Wichtigste Ergebnisse der Berichte:

  • Google vermeldet gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Kontrolle von Werbeplatzierungen in der EU und liefert dazu unter anderem eine Aufstellung nach Mitgliedstaaten. Das Unternehmen gab zudem seine neusten Richtlinien zur Wahlwerbung bekannt, die es seit dem 21. März 2019 anwendet, und kündigte seinen Bericht über die Transparenz der EU-Wahlwerbung sowie die Bereitstellung einer Anzeigenbibliothek mit Suchfunktion ab April an. Im Bereich themenbezogene Werbung hat Google keinen weiteren Fortschritt bezüglich einer Definition dieses Begriffs zu verzeichnen. Ähnlich wie im letzten Bericht wurden allgemeine Daten über die Entfernung zahlreicher YouTube-Kanäle wegen Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen in Bezug auf Spam, irreführende Praktiken, Betrug und Identitätsbetrug bereitgestellt.
  • Facebook berichtete über Maßnahmen gegen Werbung, die einen Verstoß gegen die Werberichtlinien darstellt, weil sie von geringer Qualität ist, störende, irreführende oder falsche Inhalte aufweist oder Facebooks Kontrollsysteme umgangen hat. Das Unternehmen lieferte weitere Informationen zu seinen Richtlinien für politische Werbung, die auch für Instagram gelten sollen. Es verwies auf die Einführung einer neuen, öffentlich zugänglichen Anzeigenbibliothek am 28. März 2019, die sowohl Facebook als auch Instagram umfasst, und betonte, dass der API-Zugang zur Suche in der Anzeigenbibliothek erweitert wurde. Außerdem nannte Facebook die Anzahl der im ersten Quartal 2019 weltweit gesperrten Scheinkonten und meldete die Entfernung von acht organisierten, fragwürdig agierenden Netzwerken aus Nordmazedonien, Kosovo und Russland. Es wurde nicht angegeben, ob auch Nutzer in der EU von den Aktivitäten dieser Netzwerke betroffen waren.
  • Twitter berichtete über die Neufassung der eigenen Richtlinien für Werbeanzeigen zu Wahlkampfzwecken und legte weitere Einzelheiten bezüglich der Offenlegung politischer Anzeigen im Anzeigentransparenzzentrum (Ad Transparency Centre) der Plattform vor. Zudem wurden Zahlen zu Maßnahmen angeführt, mit denen Spam und Scheinkonten bekämpft werden, ohne jedoch diese Maßnahmen oder deren Zusammenhang mit Aktivität in der EU näher zu beleuchten. Twitter meldete keine Maßnahmen zur Verbesserung der Kontrolle von Werbeplatzierungen oder Daten, die der Erfüllung seiner Verpflichtungen in diesem Bereich dienen.

Im Rahmen der Umsetzung des Verhaltenskodex fand am 16. April 2019 ein Treffen zwischen den Unternehmen und nationalen Aufsichtsbehörden statt, die zur Gruppe europäischer Regulierungsstellen für audiovisuelle Mediendienste (ERGA) gehören, bei dem die Funktionsweise der Verzeichnisse für politische Werbeanzeigen erörtert wurde.

Nächste Schritte

Die heute vorgestellten Berichte beziehen sich auf Maßnahmen, die von den als Online-Plattformen agierenden Unternehmen im März 2019 ergriffen wurden. Auf dieser Grundlage wird die Kommission überprüfen können, ob die Integrität der Wahlprozesse im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 durch wirksame Vorkehrungen sichergestellt ist.

Bis Ende 2019 wird die Kommission eine umfassende Bewertung des ersten Jahres der Anwendung des Verhaltenskodex durchführen. Sollten sich die Ergebnisse als unzureichend erweisen, könnte die Kommission weitere Maßnahmen, einschließlich Maßnahmen rechtlicher Art, vorschlagen.

Hintergrund

Der monatliche Berichtszyklus ist im Verhaltenskodex verankert. Er ist Teil des Aktionsplans gegen Desinformation, den die Europäische Union im vergangenen Dezember angenommen hat, um Kapazitäten aufzubauen und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Organen zu stärken, damit den Bedrohungen durch Desinformation proaktiv begegnet werden kann.

Die Bericht erstattenden Unterzeichner haben sich im Oktober 2018 freiwillig zur Einhaltung des Verhaltenskodex verpflichtet. Der Kodex soll dazu beitragen, die in der Mitteilung der Kommission vom April 2018 genannten Ziele durch Festlegung einer Vielzahl unterschiedlicher Verpflichtungen zu erreichen:

  • Verhinderung von Werbeeinnahmen für Konten und Websites, die falsche Informationen enthalten, und Bereitstellung angemessener Sicherheitsinstrumente und Informationen für Werbetreibende über Websites, die Desinformation verbreiten;
  • Förderung der Offenlegung politischer Werbung und Bemühungen um Offenlegung themenbezogener Werbung;
  • eine klare und öffentlich zugängliche Strategie im Hinblick auf den Umgang mit Identitäten und Online-Bots sowie auf Maßnahmen zur Schließung von Scheinkonten;
  • Bereitstellung von Informationen und Instrumenten, die den Menschen sachkundige Entscheidungen erleichtern, und leichterer Zugang zu verschiedenen Blickwinkeln auf Themen von öffentlichem Interesse, wobei zuverlässige Quellen hervorgehoben werden sollten;
  • Bereitstellung eines datenschutzgerechten Zugangs zu Daten für Forscher, um die Ausbreitung und die Auswirkungen von Desinformation nachzuvollziehen und besser zu verstehen.

Im Vorfeld der Europawahlen im Mai 2019 beobachtet die Kommission die Fortschritte der Plattformen bei der Umsetzung der Verpflichtungen, die zu Beginn des Wahlkampfs am wichtigsten und dringlichsten sind, also Prüfung von Werbeplatzierungen, politische und themenbezogene Werbung und Integrität der Dienste.

Der Verhaltenskodex geht auch Hand in Hand mit der Empfehlung im Rahmen des Wahlpakets, das Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union 2018 angekündigt hatte, um freie, faire und sichere Wahlen zum Europäischen Parlament zu gewährleisten. Zu den Maßnahmen zählen die Verbesserung der Transparenz politischer Werbung im Internet und die Möglichkeit, die rechtswidrige Nutzung personenbezogener Daten zur bewussten Beeinflussung des Ergebnisses der Europawahlen zu sanktionieren. Außerdem wird den Mitgliedstaaten empfohlen, ein nationales Kooperationsnetz für die Wahlen einzurichten, dem einschlägige Behörden angehören, in deren Zuständigkeitsbereich etwa Wahlfragen, Cybersicherheit, Datenschutz und Strafverfolgung fallen, und eine Kontaktstelle zu benennen, die sich an einem europäischen Kooperationsnetz für Wahlen beteiligt. Am 21. Januar 2019 fand das erste, am 27. Februar das zweite und am 4. April das dritte Treffen auf europäischer Ebene statt.