EU-Kommission verhängt Geldbuße in Höhe von 12,5 Mio. EUR gegen Nike wegen Beschränkungen für grenzüberschreitende Verkäufe von Merchandising-Artikeln

Die Europäische Kommission hat gegen Nike eine Geldbuße in Höhe von 12,5 Mio. EUR verhängt, weil das Unternehmen seinen Händlern den Weiterverkauf von Lizenzprodukten an andere Länder im EWR verboten hatte. Das Verbot galt für Fanartikel einiger der bekanntesten Fußballvereine und -verbände Europas, für die Nike die Vermarktungsrechte inne hat.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: „Markenartikel ihrer Lieblingsmannschaft wie Trikots oder Schals sind bei Fußballfans sehr beliebt. Nike hat viele seiner Lizenznehmer am Verkauf von Markenartikeln in andere Länder abgehalten, was für die Verbraucher weniger Auswahl und höhere Preise zur Folge hatte. Das verstößt gegen das EU‑Kartellrecht und ist somit rechtswidrig. Mit dem heutigen Beschluss sorgen wir dafür, dass Einzelhändler und Verbraucher in den uneingeschränkten Genuss eines der wichtigsten Vorteile des Binnenmarktes kommen: der Freiheit, in ganz Europa einzukaufen und unter einem vielfältigeren Angebot die günstigsten Produkte auswählen zu können“.

In Lizenz vertriebene Marken-Fanartikel sind ausgesprochen vielfältig (z. B. Becher, Taschen, Bettwäsche, Schreibwaren, Spielzeug). Allen aber ist gemein, dass sie als geistiges Eigentum (d. h. durch Warenzeichen oder Urheberrecht) geschützte Embleme, Aufschriften oder Bilder aufweisen. In einem Lizenzvertrag genehmigt eine Partei (der Lizenzgeber) einer anderen (dem Lizenznehmer) die Verwendung eines oder mehrerer Rechte an geistigem Eigentum in bestimmten Produkten. In der Regel werden Lizenzen auf nicht ausschließlicher Grundlage vergeben, damit mehr Merchandising-Artikel auf den Markt gelangen und geografisch breiteren Absatz finden.

Nikes Kerngeschäft sind der Entwurf und Vertrieb von Sportschuhen und -Bekleidung, u. a. für Fußballvereine und -verbände, auf denen grundsätzlich die eingetragenen Warenzeichen von Nike wie der Unternehmensname und das „Swoosh“-Emblem angebracht werden. Andere Produkte, sogenannte „Lizenzware“, enthalten lediglich den Namen eines Fußballvereins oder -verbands, nicht aber die Warenzeichen von Nike. Für diese Produkte vergibt Nike Lizenzen über geistige Eigentumsrechte an Dritte, die auf der Grundlage dieser Lizenzen die betreffenden Produkte herstellen und vertreiben. Die Geldbuße der Kommission gilt dem Marktverhalten Nikes auf diesem Gebiet der Lizenzvergabe für „Lizenzware“.

Im Juni 2017 hatte die Kommission eine kartellrechtliche Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob Nike mit bestimmten Lizenzverträgen und Vertriebspraktiken Händler rechtswidrig am grenzüberschreitenden und am Online-Verkauf von Lizenzartikeln innerhalb des EU-Binnenmarktes hinderte.

Die Kommission ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die nicht ausschließlichen Lizenz- und Vertriebsverträge von Nike auf folgende Weise gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstießen:

  • Erstens hat Nike mit einer Reihe direkter Maßnahmen den Auslandsverkauf durch seine Lizenznehmer beschränkt, wie Klauseln mit einem ausdrücklichen Verbot solcher Verkäufe, der Verpflichtung zur Weiterleitung von Bestellungen aus dem Ausland an Nike und Klauseln, mit denen bei Auslandsverkäufen doppelte Lizenzgebühren fällig wurden.
  • Ferner hat das Unternehmen indirekte Maßnahmenergriffen, um die Beschränkung von Verkäufen außerhalb eines zugewiesenen Vertriebsgebiets durchzusetzen. So hat Nike Lizenznehmern angedroht, ihnen den Vertrag im Falle von Auslandsverkäufen zu kündigen, im Falle der Möglichkeit von Lieferungen in andere EWR-Länder die Bereitstellung von Hologrammen mit der Kennzeichnung „offizielles Produkt“ verweigert und Prüfungen durchgeführt, um die Befolgung seiner Beschränkungen zu gewährleisten.
  • In einigen Fällen griff Nike auf Generallizenznehmer in den einzelnen Vertriebsgebieten zurück, um für einzelne Eigentumsrechte Unterlizenzen an Dritte zu vergeben. Um diese Praxis über die gesamte Vertriebskette hinweg durchzusetzen, hat Nike seinen Generallizenznehmern direkte und indirekte Beschränkungen auferlegt. Mehrfach hat Nike mit diesen Maßnahmen seine Generallizenznehmer gezwungen, innerhalb ihres Vertriebsgebiets zu bleiben und Beschränkungen gegenüber ihren Unterlizenznehmern durchzusetzen.
  • Ferner hat Nike in seine Verträge Klauseln eingefügt, in denen den Lizenznehmern ausdrücklich untersagt wurde, Merchandising-Produkte an Abnehmer (oft Einzelhändler) zu liefern, die Verkäufe außerhalb des zugewiesenen Vertriebsgebiets tätigen könnten. Zusätzlich zur Verpflichtung der Lizenznehmer zur Weitergabe dieser Verbote in ihren Verträgen ist Nike eingeschritten, um sicherzustellen, dass Händler (z. B. Bekleidungsgeschäfte, Supermärkte usw.) nicht länger Produkte von Lizenznehmern aus anderen EWR-Ländern erwarben.

Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass diese rechtswidrigen Verhaltensweisen von Nike, die ungefähr 13 Jahre (vom 1. Juli 2004 bis zum 27. Oktober 2017) dauerten, zu einer Aufteilung des Binnenmarktes führten und Lizenznehmer in Europa daran hinderten, Produkte über Landesgrenzen hinweg zu verkaufen, was letztendlich den Verbrauchern in Europa schadete. Die rechtswidrigen Praktiken von Nike betrafen in unterschiedlichen Ausmaßen in Lizenz hergestellte Fanartikel mit den Marken von Vereinen wie FC Barcelona, Manchester United, Juventus Turin, Inter Mailand und AS Rom und Verbänden wie dem französischen Fußball-Verband.

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©Europäische Kommission 2019

Die Zusammenarbeit von Nike mit der Kommission

Nike hat über seine rechtlichen Verpflichtungen hinaus mit der Kommission zusammengearbeitet. Insbesondere hat das Unternehmen der Kommission Informationen zur Verfügung gestellt, die es ihr ermöglichten, die Untersuchung auszuweiten und auch weitere Merchandising-Ware außerhalb des Bereichs der eigentlichen Sportartikel sowie eine Reihe zusätzlicher Vereine einzubeziehen. Zudem hat das Unternehmen Beweismittel mit erheblichem Mehrwert vorgelegt und den Sachverhalt sowie die Zuwiderhandlungen gegen das EU-Kartellrecht ausdrücklich anerkannt.

Daher gewährte die Kommission Nike eine Geldbußenermäßigung von 40 % als Gegenleistung für diese Zusammenarbeit. Weitere Informationen über diese Art der Zusammenarbeit finden Sie auf der Website der GD Wettbewerb.

Geldbußen

Die Geldbuße wurde auf der Grundlage der Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 (siehe Pressemitteilung und MEMO) festgesetzt. Bei der Höhe der Geldbuße berücksichtigte die Kommission insbesondere den Wert der von dem Verstoß betroffenen Verkäufe, die Schwere des Verstoßes und seine Dauer sowie den Umstand, dass Nike während der Untersuchung mit der Kommission zusammengearbeitet hatte.

Die von der Kommission gegen Nike verhängte Geldbuße beläuft sich auf 12 555 000 EUR.

Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, werden in den Gesamthaushaltsplan der EU eingestellt. Die Mittel sind nicht für bestimmte Ausgaben vorgesehen. Stattdessen werden die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt. Die Geldbußen tragen daher zur Finanzierung der EU bei und entlasten den Steuerzahler.

Hintergrund der Untersuchung

Im Juni 2017 hatte die Kommission drei separate kartellrechtliche Untersuchungen eingeleitet, um zu prüfen, ob bestimmte Lizenzverträge und Vertriebspraktiken von Nike, Sanrio und Universal Studios Einzelhändler rechtswidrig am grenzüberschreitenden und am Online-Verkauf von Lizenzartikeln innerhalb des EU-Binnenmarktes hinderten. Die Untersuchungen gegen Sanrio und Universal Studios sind noch nicht abgeschlossen.

Die Produktions- und Vertriebsverträge von Nike verstießen gegen das EU-Wettbewerbsrecht (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union), nach dem Vereinbarungen zwischen Unternehmen verboten sind, die den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verhindern, einschränken oder verfälschen.

Weitere Informationen zu diesem Kartellfall können auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb über das öffentlich zugängliche Register der Kommission unter der Nummer AT 40436 eingesehen werden.

Schadensersatzklagen

Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Schadensersatz kann auch dann gewährt werden, wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in innerstaatliches Recht umsetzen mussten, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden Sie hier.

Instrument für Hinweisgeber

Die Kommission hat ein System eingerichtet, über das Einzelpersonen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Das Instrument wahrt die Anonymität von Whistleblowern, indem verschlüsselte Mitteilungen ausgetauscht werden können. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden.