Unberechtigte Steuernachforderungen bei Onlinehändlern – bevh fordert Einschreiten des Bundesfinanzministeriums

Bei einzelnen Finanzämtern, so etwa in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, lässt sich neuerdings eine veränderte Vollzugspraxis beobachten: Onlinemarketing unter Einschaltung von nicht in Deutschland ansässigen Unternehmen wird nicht mehr als Dienstleistung, sondern als „Nutzungsüberlassung von Rechten und ähnlichen Erfahrungen“ im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) deklariert. Einkünfte daraus wären dann mit einem Steuersatz von 15 Prozent quellensteuerpflichtig im Sinne des § 50a EStG.

Unberechtigte Steuernachforderungen bei Onlinehändlern – bevh fordert Einschreiten des Bundesfinanzministeriums
Unberechtigte Steuernachforderungen bei Onlinehändlern – bevh fordert Einschreiten des Bundesfinanzministeriums – pixabay.com ©Alexas_Fotos (Creative Commons CC0)

Die neue Prüfpraxis der Finanzverwaltung ist sachfremd und ein schwerer Schlag gegen den deutschen Mittelstand. Schon heute führt die abwegige Neuinterpretation eines seit Jahren bestehenden Gesetzes zu massiver Verunsicherung innerhalb der deutschen
E-Commerce-Wirtschaft. Betroffene Unternehmen sehen sich völlig überraschend erheblichen Nachforderungen für mehrere Jahre ausgesetzt. Da diese nicht vorhersehbar waren, wurden auch keine Rücklagen gebildet. Solche Nachforderungen können existenzgefährdend sein, wie die Beispiele der ZDF-Sendung Frontal21 anschaulich zeigen.

bevh-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer fordert daher: „Dieser existenzbedrohenden neuen Verwaltungspraxis muss umgehend durch eine Klarstellung des Bundesfinanzministeriums Einhalt geboten werden. Steuern für das Gemeinwesen hereinzuholen ist absolut in Ordnung, aber fair, planbar und ohne rückwirkende Überraschungen muss es sein.“

Mit Schreiben vom Oktober 2017 hatte das Bundesfinanzministerium bereits Stellung zu vergleichbaren Regelungen hinsichtlich Computersoftware und Datenbanken bezogen. Mit einer entsprechenden Ergänzung und Klarstellung könnte das Ministerium der deutschen E-Commerce-Branche schnell nötige Rechtssicherheit und Verlässlichkeit zurückgeben.

„Sonst bleibt den Unternehmen nur der jahrelange Klageweg vor den Finanzgerichten bis hin zum Bundesfinanzhof“, so Wenk-Fischer weiter. „Damit würde dem aktiven Bemühen der Bundesregierung zugunsten einer weiteren Digitalisierung der Wirtschaft ein Bärendienst erwiesen.“

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