eBay CEO Devin Wenig: Besucht man eBay ohne genaue Vorstellungen kann es schwierig sein dort einzukaufen

Am 20.Juli 2015 trennten sich eBay und PayPal. Für eBay wird damit ein neues Kapitel als unabhängiges Unternehmen beginnen. Grund genug für das Forbes-Magazin den neuen eBay CEO Devin Wenig etwas genauer zu betrachten.

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Im Jahr 2011 hatte Devin Wenig nach 18 Jahren den News-Giganten Thomson Reuters verlassen. Der damalige eBay CEO John Donahoe hörte von Wenigs Kündigung. Er bat Wenig den kurzen Flug von New York zu Donahoes zu Hause nach Cape Cod in Kauf zu nehmen, um Donahoe zu treffen. Wenig kannte Donahoe bis dahin nur oberflächlich. Doch Donahoe war überzeugend genug, dass Wenig den Trip wagte. Bei einem gemeinsamen Essen hörte Wenig Donahoe sagen: „Kommen Sie zu eBay und werden zum Leiter des riesigen Marktplatz-Business und möglicherweise in den kommenden Jahren CEO des Unternehmens“.

Am 20. Juli 2015 nun war Wenigs erster offizieller Arbeitstag als CEO des PayPal-losen eBay und es beginnt ein neues, durchaus herausforderndes Kapitel für eBay und Devin Wenig. Nachdem er vor 4 Jahren das Angebot Donahoes akzeptierte und als eine Art Zweitbesetzung von Donahoe das Business kennenlernte, ist Wenig nun auf der CEO Position.

Nicht nur der Druck von Großinvestor Carl Icahn führte letztendlich zu der PayPal-Abspaltung. Mit der Zeit erkannten die Verantwortlichen, dass die ehemaligen Schwesterunternehmen besser arbeiten würden, wenn sie eigenständig sind und sich ganz auf ihre individuellen Geschäfte konzentrieren können. Natürlich war der Zahlungsbereich seit langem schon der schneller wachsende Part, wohingegen die Marktplätze vor sich hin schlummerten.

Nun bereitet sich eBay auf eine neue Geschichte vor – ohne PayPal und muss den Investoren erst einmal beweisen, dass das Kerngeschäft, die Marktplätze, immer noch wachsen kann. Während PayPal seinen Erfolg und auch die Unabhängigkeit feiern kann, wird die Reise für eBay und seinen Boss Wenig wahrscheinlich härter.

Auch Donahoe erkennt die Herausforderung für die Zukunft des neuen eBay CEO: Das eBay-Marktplatz-Geschäft sei ein herrlich komplexes Geschäft. Während es einen wunderbaren Zweck erfülle und Seele habe, sei es sehr hart ein solches zu führen – „und es ist ein globales Geschäft“.

Nun bereitet sich eBay auf eine neue Geschichte vor
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Wenig selbst weiß um die Arbeit, die getan werden muss, aber er ist optimistisch: „Es gab ein robustes eBay vor PayPal, und es wird eine starkes eBay nach PayPal geben.“

Wenig wird mit der Strategie und den Veränderungen die er eingeführt hat als er zu eBay kam fortfahren. Um den Überblick über aktuelle Entwicklungen behalten zu können, müssen Projektverantwortliche in zweiwöchentlichen Sitzungen über den Status ihrer Projekte berichten, es gibt wöchentlichen Design und Strategie-Meetings und es wird mehr Wert auf Eigenverantwortung der Produktmanager und Ingenieure gelegt. Wenig erklärt: „Als ich zu eBay kam, gab es keine wirkliche Klarheit über die Rechenschaftspflicht und keiner war sich darüber im Klaren, was sie da taten. Man kam in Sitzungen mit mehr als 100 Menschen und niemand wusste, für was man eigentlich verantwortlich war.“

Wenig begann das Experimentieren mit verschiedenen Services
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Drei Monate nach seinem Amtsantritt ließ Wenig erst einmal das eBay-Logo neugestalten. Er begann das Experimentieren mit verschiedenen Services, einer bei dem die Bestellungen innerhalb von wenigen Stunden direkt an die Haustür gebracht wurden. Er versuchte die eBay-Kunden mit lokalen Services und Dienstleistungen zu versorgen und startete die Möglichkeit, dass Nutzer Sammlungen von Gegenständen auf der Website verkaufen konnte. Einige seiner Experimente scheiterten.

Hinsichtlich der Waren-Zustellung wolle er nicht mit Mitbewerbern konkurrieren, die den lokalen Service schon komplett ausfüllten, wie Amazons taggleiche Lieferung oder Google Shopping Express. Allerdings fügt Wenig hinzu, den Service eventuell mit Partnern wiederzubeleben (eBay testet angeblich hierzu einen Abo-Service in Deutschland).

Wenigs Amtszeit als Chef der Marktplätze hatte einige positive Effekte. Zum Amtsantritt von Wenig hatte eBay 99 Millionen aktive Nutzer. Er hat dazu beigetragen, diese Zahl auf fast 160 Millionen zu erhöhen. Zum Teil dank seines Einsatzes bezüglich des „M-Commerce“, dem Einkauf auf mobilen Geräten und den Marketing-Deals mit Telefongesellschaften, die eBay Mobile-App auf Handys hinzuzufügen. Wenig setzt darauf, dass der mobile Anteil – auch wegen des jüngsten iPad App-Redesigns – und kommenden Verbesserungen bei anderen mobilen Anwendungen, weiter anwachsen wird.

Das geringe Wachstum der Nutzerzahlen im vergangenen Quartal (+6%) Punkte zeigt jedoch die Realität des zukünftigen eBay als eigenständiges Unternehmen. eBay hat auch nicht annähernd das Umsatzwachstum und die Zugkraft von Amazon. Wenig erkennt an, dass Amazon eine mächtige Kraft im Online- und Mobile-Commerce ist, fügt jedoch hinzu, dass eBay sich von Amazon unterscheidet: „Wir wollen nicht alles machen und alles verkaufen. Das bringt keinen Gewinn.“

eBay hat den Spagat zwischen seinen Wurzeln als Marktplatz für kleine Verkäufer und großen Einzelhändlern versucht
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Im letzten Jahrzehnt hatte eBay den Spagat gewagt zwischen seinen Wurzeln als Marktplatz für kleine Verkäufer und gleichzeitig attraktiv für große Einzelhändler wie Target und Toys R Us zu sein. Wenig ist hingegen auf kleinere Unternehmen ausgerichtet und möchte die Anzahl der Verkäufer erhöhen, die einzigartige Waren bieten, wie Antiquitäten, Designer-Kleidung und Sport-Erinnerungsstücke. Das ist bei Amazon größtenteils nicht verfügbar.

Die Händler können nun auf eBay auch durch Zahlung von Zusatzgebühren ihre Sichtbarkeit erhöhen, was wie Wenig erklärt, immer noch ein Testlauf sei. Die Resonanz vonseiten der Händler allerdings sei positiv. Und eBay werde diesen Bereich weiter ausarbeiten.

Allerdings sagt Wenig auch: „Die Brillanz und die Herausforderung  von eBay sei, dass dieses Marktplatz-Modell den weltgrößten Store geschaffen hat. Aber, wenn man eBay ohne bestimmten Zweck besucht, kann es sehr schwierig sein dort einzukaufen.“ eBay versucht aus diesem Grund mit seinem Heer an Wissenschaftlern und Technikern bessere Wege zu finden, die Angebote zu personalisieren.

Die Führungskräfte haben schon lange davon gesprochen, die Website benutzerfreundlicher zu gestalten. Aber das Tempo ließ zu wünschen übrig und viele offensichtliche Korrekturen müssen immer noch umgesetzt werden.

Wenn man eBay ohne bestimmten Zweck besucht, kann es sehr schwierig sein dort einzukaufen
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Darüber hinaus will eBay den Verkäufern mehr Möglichkeiten geben ihre Angebote zu verwalten, besser zu präsentieren. Auch die sozialen Netzwerke sollen mehr eingebunden werden, um mehr Käufer und Verkäufer anzuziehen.

Ein Bereich von dem Wenig besonders begeistert ist, ist der Buy-Button, mit dem Anwender Artikel direkt über nicht-Commerce-Sites wie Facebook, Twitter, Google und Pinterest kaufen können. Das Unternehmen nahm 2014 an einem Testlauf der neuen Pinterest‘ Buy-Button teil und Wenig sagt, dass die Ergebnisse äußerst zufriedenstellend waren. Von allen Kanälen habe Pinterest die größte Zugkraft.

Die Einstellung neuer Technik-Talente ist auch ein großer Schwerpunkt für das Unternehmen – nach der Welle von Entlassungen (2.400 Arbeitsplätze oder knapp 7% der Belegschaft). eBay ist ein Unternehmen, das sein Scheckbuch häufig öffnet, um andere Unternehmen zu kaufen und hat es auch Dutzende Male in den letzten zehn Jahren getan. Aber nicht alle von diesen Übernahmen haben ihre Heimat innerhalb eBays gefunden. Als positive Akquisition sieht Wenig RedLaser an, eine App, mit der Käufer in Einzelhandels-geschäften Barcodes scannen können, um die Preise zu vergleichen. eBay integrierte RedLaser in seine wichtigsten mobilen Anwendungen.

Analystin Mulpuru hat eine andere Sicht der Dinge. Sie sagt, dass, wenn es um den Erwerb von Unternehmen ging, eBay zwar den richtigen Ansatz hatte, aber bei der Integration der Technologien scheiterte. eBay habe häufig das Beratungsunternehmen McKinsey beauftragt, um den Job zu erledigen. „Bezos [Amazon CEO] würde das nie tun“.

Nach den Auf und Abs bei den Übernahmen will eBay weiterhin Unternehmen akquirieren
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Nach den Auf und Abs bei den Übernahmen will eBay weiterhin Unternehmen akquirieren, so Wenig und das aus zwei Gründen: geografische Expansion und Talente. Im Hinblick auf die internationale Expansion, wird eBay jene Unternehmen kaufen, die es ermöglichen, in Märkte schneller einzutreten oder auch schneller Fuß zu fassen (siehe Snapdeal-Investement in Indien).

Viele Analysten, darunter auch Mulpuru, glauben, dass eBay als eigenständiges Unternehmen eher zu einem Übernahmeziel wird. Doch Wenig kontert: „Ich sag niemals etwas über irgendetwas, aber es gibt aktuell keinen Fokus auf einen Verkauf der Firma.“

Ein Bereich, der nun natürlich auch Fragen aufwerfen wird, ist die Frage zu zukünftigen eBay Zahlungen. PayPal ist seit langem die Zahlungstechnologie, die die meisten Verkäufer nutzen, um ihre Waren auf eBay zu verkaufen.

Befürchtungen, dass eBay und PayPal beginnen würden in Konkurrenz zueinander zu treten wurden durch eine detaillierte Kooperationsvereinbarung für die nächsten 5 Jahre aus der Welt geschafft. eBay kann zwar zusätzliche Zahlungsanbieter auf der Plattform zulassen, der Aufbau eines eigenen Zahlungsservices ist jedoch verboten. PayPal seinerseits stimmte zu, keinen eigenen eBay-ähnlichen Marktplatz aufzubauen.

Ein Bereich, der nun natürlich auch Fragen aufwerfen wird, ist die Frage zu zukünftigen eBay Zahlungen
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Devin Wenig sieht das Ganze recht gelassen: „Ich werde nicht aufwachen und mir Gedanken über Zahlungen machen. Wir werden sehen, wie sich die Beziehung mit PayPal entwickeln wird.“ Er fügt einen Satz hinzu, der zu denken gibt: „Mit dem Spin-Off wird es nun mehr Klarheit und Einfachheit geben. Bei eBay haben wir alle daran gearbeitet in PayPal zu investieren und PayPal aufzubauen. Bei eBay haben wir eine Menge Dinge getan, um PayPal zu unterstützen.“

In einer der Wenig Produkt-Sitzungen, weniger als 48 Stunden vor der PayPal-Abspaltung, war die Stimmung im Raum alles andere als mit Angst besetzt vor der Zukunft. Unter den Mitarbeitern wird gelacht und RJ Pittman, Chief Product Officer von eBay macht Witze.

eBay renovierte auch erst kürzlich viele seiner Büroflächen. Massive Glaswände in den Tagungsräumen, Mini-Küchen mit Lebensmitteln gefüllt und bunte Liegestühle und Sofas. eBay wird und kann nicht weggehen aus San José, erklärt Wenig mit Nachdruck.

Donahoes Vermächtnis wird teilweise daran gemessen, wie Wenig eBay in diese neue Ära führen wird. Donahoe glaubt [erstaunlicherweise] noch fest daran, dass man immer noch am Anfang der E-Commerce-Ära steht und hier viel Platz für eBay ist, um ein gesundes und profitables eigenständiges Business zu schaffen. Das Buch über eBay sei noch lange nicht geschrieben.

In gewisser Weise ist Wenig der perfekte Boss für die Durchführung der Mission. Wenig ist Donahoe sehr ähnlich in seinen Führungsstil. Aber was Wenig einzigartig macht, ist sein Mangel an Arroganz und die Bereitschaft, die Ärmel hochzukrempeln und sich in Details zu engagieren, so Marc Andreesen, ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates von eBay.

Wenig will versuchen zu beweisen, dass man ein großes, dauerhaftes Internet-Unternehmen aufbauen kann, das seinen Gründer überlebt. Das nächste Kapitel im eBay-Buch wird viel über Mut handeln.