Amazon geht mit neuen Richtlinien gegen falsche Rezensenten vor

Amazon hat zunehmend mit Fake-Bewertungen zu kämpfen und will diesen Trend nun mit neuen Rezensionsrichtlinien unterbinden. Wer in Zukunft ein Produkt beurteilen möchte, muss eine entsprechende Shopping-Historie vorweisen können. Noch sind von dieser Regelung die US-amerikanischen Nutzer betroffen. Zeigt sie Wirkung, wird der Online-Riese die Richtlinien auch in Deutschland anpassen.

Amazon-Bewertungen sind in letzter Zeit zu einem lukrativen Geschäft geworden, weil manche Händler Rezensenten beauftragen und sich dadurch Vorteile verschaffen. Wer die Konkurrenz schwächen will, braucht lediglich ihre Produkte negativ zu beurteilen. Von diesem Trick machten in jüngster Vergangenheit nicht wenige Verkäufer Gebrauch, indem sie Rezensenten bezahlten, die entweder die eigene Ware auf- oder die Artikel der Wettbewerber abwerteten. Daraufhin entstand ein schwarzer Markt für Fake-Bewertungen, sodass Amazon dagegen vorgehen musste. Innerhalb eines Jahres klagte der Internet-Riese sowohl gegen Nutzer diverser Freelance-Portale, gegen die Vermittlungsplattformen selbst als auch gegen Händler, die solche Beurteilungen gekauft hatten. Da diese Maßnahmen nur mäßigen Erfolg zeitigten, ändert der Online-Marktplatz nun die Rezensionsrichtlinien und führt in den USA eine 50-Dollar-Grenze ein. Der neuen Regel zufolge können Nutzer jetzt nur dann eine Produkt-Bewertung abgeben, wenn sie in der Vergangenheit über den Amazon-Account Waren zu einem Gesamtwert von mindestens 50 Dollar gekauft haben. Alle anderen Marktplatz-Teilnehmer sind von der Rezensionsmöglichkeit ausgeschlossen.

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Neue Richtlinien nicht effektvoll genug

Nicht wenige Branchen-Beobachter sehen die neuen Richtlinien kritisch, auch wenn sie davon ausgehen, dass die 50-Dollar-Grenze zumindest eine kleine Wirkung zeigt. Ihrer Meinung nach werden sich falsche Rezensenten von dieser Summe aber nicht aufhalten lassen, wenn sie ernsthaft auf Manipulation bedacht seien. Wer im großen Stil fälsche, der werde auch in der Lage sein, des festgelegten Betrag für Waren auszugeben. Viel problematischer sei die neue Regelung jedoch für frische Amazon-Kunden, weil sie deswegen ihren ersten Einkauf nicht bewerten dürfen. Außerdem lasse sie noch immer viel Spielraum für sogenannte Incentive-Rezensenten. Diese erhalten von den jeweiligen Händlern lukrative Angebote und können Produkte günstiger oder sogar kostenlos nutzen, wenn sie im Gegenzug eine ehrliche Bewertung abgeben. Allerdings fällt ihr Urteil im Durchschnitt so positiv aus, dass Kritiker eine manipulative Wirkung der Anreiz-Angebote vermuten. Diesen Verdacht hat kürzlich eine Studie bestätigt. Während normale Produkt-Bewertungen im Durchschnitt nicht über 4,4 Sterne hinausgehen, übertreffen die Beurteilungen der Incentive-Rezensenten diesen Wert um 0,33. Solche „Gefälligkeitsbewertungen“ werden jedoch auch weiterhin zum Alltag gehören, weil die neuen Richtlinien sie überhaupt nicht berühren.

In Deutschland ändern sich die Rezensions-Richtlinien bislang nicht

Mit einer ähnlichen Strategie versuchte Amazon bereits im Juli, den falschen Rezensenten das Handwerk zu legen. Damals setzte der Online-Gigant einen Betrag von 5 US-Dollar als Grenze fest. Das war wohl auch der Grund, warum der gewünschte Effekt ausblieb. Mit dem neuen Wert hofft Amazon nun, ein besseres Ergebnis zu erzielen. Während aber die Anpassungen in den USA schon jetzt gelten, ändert sich in Deutschland nichts. Hierzulande findet sich noch immer die folgende Einschränkung auf dem Amazon-Portal: „Um eine Rezension verfassen zu können, müssen Sie ein Amazon-Kundenkonto haben und bereits mindestens ein Produkt oder eine Dienstleistung erstanden haben (kostenlose Downloads zählen nicht dazu). Rezensionen zum selben Produkt von Kunden aus dem gleichen Haushalt sind nicht gestattet.“ Sollten die neuen Regelungen jenseits des Atlantiks Wirkung zeigen, werden sich wahrscheinlich bald auch die deutschen Rezensenten an ihnen richten müssen.

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