Deutscher Amazon-Händler verklagt Kunden auf 70.000 Euro Schadensersatz

Ein 38-jähriger Mann aus dem Kreis Augsburg erwarb über den Online-Händler Amazon ein Fliegengitter zum Preis von 22,51 Euro. Das Gitter jedoch konnte von ihm nicht fehlerfrei zugeschnitten werden. Der Käufer trat in telefonischen Kontakt mit dem Verkäufer und beschwerte sich, was allerdings kein Resultat erbrachte. Infolgedessen hinterließ der Kunde auf Amazon im Juli 2013 eine negative Beurteilung. Auch weil der Händler in den Augen des 38-Jährigen „unverschämt zu ihm gewesen sei“.

Hier steht nun Aussage gegen Aussage: Die Rechtsanwälte des Amazon-Händlers erklärten, dass der Händler sehr wohl versucht habe dem Kunden per Mail und telefonisch weiterzuhelfen. Dieser jedoch habe nicht verstanden, wie das Fliegengitter richtig anzubringen sei.

Die Bewertung des Käufers bei Amazon las sich wie folgt:

„Die Lieferung erfolgte schnell. Das war das positive. In der Anleitung steht ganz klar Mann muss den Innenrahmen messen das ist falsch. Damit wird das ganze zu kurz! Die Ware selbst macht guten Stabilen Eindruck, Der Verkäufer nie wieder!“

Daraufhin verlangte der Händler per Mail die negative Beurteilung zu löschen oder abzuändern. Sollte das nicht geschehen, werde er Anzeige erstatten. Grund genug für den Käufer des Insektenschutzgitters sich direkt bei Amazon zu beschweren.

Mitte Juli 2013 erhielt der Käufer dann eine Abmahnung mit Forderung nach einer Unterlassungserklärung. Um seine Ruhe zu haben, erklärte sich der Amazon-Kunde bereit die Bewertung zu löschen. Die Anwaltskosten in Höhe von 800 Euro, die der Verkäufer von ihm forderte, wollte er jedoch nicht bezahlen. Parallel dazu begann seine Rechtsschutzversicherung ein Mediationsverfahren – erfolglos.

Dann im Herbst 2013 bekam der Kunde erneut Post. Der Händler hatte den Kunden auf Zahlung von etwa 70.000 Euro verklagt. Aufgrund der schlechten Bewertung und der Beschwerde habe Amazon ihm, dem Händler, den Account mit 13.000 Euro darauf gesperrt. Durch die Account-Sperrung habe er 39.000 Euro nicht erwirtschaften können. Hinzukämen 20.000 Euro an zusätzlichen Schäden sowie die Anwaltskosten.

Der Amazon-Händler bezahlte jetzt einen Gerichtskosten-Vorschuss von knapp 2.000 Euro, womit er seiner Forderung Nachdruck verleiht. Verhandelt werden soll der Fall im Juni 2014 vor dem Augsburger Landgericht. Rechtsexperten verfolgen den Fall mit Interesse.

„Würde der Kläger mit seinen Forderungen durchkommen, hätte das Folgen für das komplette System der Bewertungen im Internet“, so der Augsburger Rechtsanwalt, der den Käufer vertritt. Der Jurist glaubt allerdings nicht daran, dass der Händler erfolgreich sein wird. Es sei zum einen nicht klar, ob tatsächlich die Beschwerde des Käufers zu Account-Schließung geführt habe. Außerdem gehe ebenso um eine gestattete Meinungsäußerung. Auch bezeichnet der Anwalt des 38-jährigen Käufers die Kalkulation des angelblichen Schadens als „blanken Unsinn“.

Der Käufer hat mittlerweile auch passendes Fliegengitter bei einem anderen Händler gefunden, das er ohne Probleme einbauen konnte.

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