Vier Gründe für den erfolglosen Kampf verdi’s gegen Amazon Deutschland

Verdi und das Spiel mit den Muskeln
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Bereits seit dem ersten Quartal 2013 haben verdi-Mitglieder bei Amazon Deutschland immer wieder ihre Arbeit niedergelegt. So wie es scheint bislang erfolglos. Die Kunden merkten nichts, auch nichts von den Streiks während der Weihnachtszeit, manche Mitarbeiter sind genervt. Warum die verdi-Aktionen gegen den Internet-Giganten nicht wirken, beleuchtet die Wirtschaftswoche in einem aktuellen Artikel.

verdi versuchte seit Monaten mit Streiks Druck auf Amazon auszuüben, um den Konzern zum Abschluss eines Einzelhandelstarifvertrages zu drängen. Nun haben sich Mitarbeiter mit Unterschriftenlisten und T-Shirts „Pro Amazon“ zu Wort gemeldet. Mit über 1.000 Unterschriften wenden sie sich gegen eine „negative Darstellung“ des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Diese Aktion zeigt einmal mehr, die Aktionen von verdi laufen ins Leere.

Warum ist es der Gewerkschaft seit fast einem Jahr nicht gelungen ist, gegen Amazon erfolgreich zu sein?

Der Grundvorwurf ist nicht nachvollziehbar

Amazon ist sicherlich kein Unschuldslamm. Es beginnt bei seinem Steuergeflecht in Luxemburg um Steuerzahlungen zu vermeiden und endet bei fragwürdigen Auflagen gegenüber Businesspartnern. Der Vorwurf jedoch, dass Amazon seine Angestellten zu Dumpinglöhnen schuften lässt, ist einfach unverständlich. Die Mitarbeiter liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikbranche üblicherweise gezahlt wird. Im ersten Jahr belaufe sich der Stundenlohn auf mindestens 9,55 Euro zuzüglich Boni, nach zwei Jahren kommen Aktienanteile hinzu. Zwar käme nach Einzelhandelstarif mehr heraus, doch warum sollten Mitarbeiter die Pakete packen, wie Verkäufer in Geschäften bezahlt werden? Die beiden Arbeiten unterscheiden sich ganz klar voneinander, weshalb die Bezahlung der Personen auch in getrennten Tarifverträgen anerkannt werden sollte. Und was würde passieren, wenn Amazon die Beschäftigungen vollständig an externe Logistikdienstleister ausgelagert hätte? Den [zumeist ungelernten] Angestellten wäre damit bestimmt nicht geholfen!

Die Amazon-Kunden spielen das „verdi-Spiel“ nicht mit

Die Verbraucher nehmen den „Amazon-Skandal“ anscheinend nicht als solchen wahr. Natürlich bleibt immer ein fader Beigeschmack zurück, doch die Imagewerte Amazons leiden nur bedingt darunter. Bei früheren verdi-Aktionen wie gegen Lidl oder Schlecker gab es zu recht Boykott-Reaktionen der Konsumenten auf angeprangerte Miseren. Bei Amazon ist das nicht der Fall: Die Kunden ordern weiter ihre Waren beim Internet-Händler – verdi hin oder her. Gerade erst informierte der Konzern über das beste Weihnachtsgeschäft aller Zeiten.

Die Bindung an die Gewerkschaft ist schwach

Im Einzelhandel ist die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder allgemein sehr übersichtlich. Beim Internethandel selbst, abgesehen vom Otto-Konzern, ist die gewerkschaftliche Organisation praktisch nicht vorhanden. So sind  auch die Internet-Größen Amazon, Zalando oder Brands4Friends, eine eBay-Tochter, tarif- sowie verdi-freie Gebiete. Zwar wurde von den Amazon-Streiks in den Medien sehr viel und ausführlich berichtet, doch mangels Beteiligung vieler Amazon-Mitarbeiter, verliefen sich die Arbeitsniederlegungen im Sande.

Die Gewerkschaft verdi hat sich verzettelt

verdi will Muskeln zeigen
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Unter Umständen hätte verdi eine Möglichkeit gehabt, sich aufgrund der Debatte über den Einsatz von Leiharbeitern bei Amazon einzuschleichen. Dann hätte die Gewerkschaft vielleicht ihre Vorstellungen im vergangenen Jahr komprimiert durchsetzen können. Jedoch ist verdi an zu vielen anderen Schauplätzen gleichzeitig aktiv und musste sich im Einzelhandel mit wirklichen Schwierigkeiten beschäftigen: Zum einen die Krise bei Karstadt, Praktiker in der Abwicklung und zum anderen der Ausstieg der Warenhausgruppe Globus aus dem Flächentarif. Simultan dazu liefen im Jahr 2013 die Tarifverhandlungen im Einzelhandel begleitet von Warnstreiks. Hier wurden natürlich Kräfte gebunden, die letztendlich beim Angriff auf Amazon Deutschland fehlten.

Alle Aktionen die nun von verdi folgen können mit dem Motto Selbstverwirklichung belegt werden, mit dem Einsatz für die Rechte von Arbeitnehmern haben diese Aktionen nichts mehr zu tun!