Der Sekundärmarkt und eBay – ein gutes Team?

Im Februar 2009 gab Best Buy bekannt, dass man in den Sekundär-Markt mit Elektronik-Artikeln einsteigen möchte und Überschussware, Verbraucher-Retouren oder Gebrauchtwaren anbieten wolle. Die Bewegung spiegelt eine zunehmende Tendenz wieder, denn auch eBays CEO John Donahoe erklärte Anfang des Jahres, mehr in den Sekundär-Markt einsteigen zu wollen. Doch eBay sieht sich enormer Konkurrenz gegenüber und ob diese Strategie-Verschiebung wirklich zum Erfolg führen wird, sieht Ina Steiner von AuctionBytes als sehr fraglich an.

eBays Vorstoß in den Sekundär-Markt kann man sehr gut an eBay Deutschlands WOW! – Webseite erkennen. Diese ist das zuhause von extrem reduzierten Artikeln, die täglich von Händlern angeboten werden. Zusätzlich hält eBay.de wöchentliche Auktionen ab, die ab einem Euro starten und ist auch mit den eBay Markenshops gut im Geschäft. eBay Großbritannien hat mittlerweile nachgezogen und zu seinen Daily Deals portal page, die eBay Outlet-Stores hinzugefügt. Beworben werden diese mit zusätzlich angebrachten Tabs. eBay.com hat ebenfalls seine täglichen Schnäppchen-Angebote. Im März bezeichnete eBay den sekundären Markt vor den Analysten als „einen süßen Flecken mit einer globalen Möglichkeit 500 Milliarden $ im Jahr zu machen“. Sie erklärten, dass das neue eBay sich ab jetzt in Warenhäusern, bei Liquidatoren oder ähnlichen Plätzen umschauen wird, um den Händlern, die auf der Suche nach kosteneffektiven Vertriebswegen sind, diesen Kanal durch eBay zu bieten. Laut Optaros hat der deutsche Online-Marktplatz eBay im Juli 2009 mehr als 10 Millionen Euro in den ersten 6 Monaten der täglichen Schnäppchen (WOW!-Offerten) umgesetzt und im August etwa 2 Millionen Euro.

Schwierig wird es, so Steiner, den Sekundär-Markt genau zu definieren, da die Abgrenzungen oft schwierig sind. Es scheint aber so, als habe eBay sich seine eigen Definition geschaffen, da Sammlerstücke oder Gebrauchtwaren auch unter den sekundären eBay-Markt fallen – abgesehen von Lagerüberhängen oder Kundenrückgaben. eBay-Sprecher John Pluhowski bestätigte, dass bei der Schätzung von 500 Milliarden $ jährlichem, zusätzlichem Umsatz durch den Sekundär-Markt, Waren aller Art und Herkunft mit in Betracht gezogen wurden.

Analysten der Wall Street, die eBay seit langer Zeit beobachten, haben ihre eigene Meinung zu den Zahlen des Sekundär-Marktes: Colin Sebastian von Lazard Capital Markets schätzt, dass alleine der Rückgabe-Markt (Retouren von Käufern aus unterschiedlichen Gründen) etwa 50 Milliarden Dollar einbringt. Blumberg Advisory Group, ein Marktforschungs- und Beratungsunternehmen in der Rückgabemanagement-Industrie sieht den Wert des US-amerikanischen Liquidationsmarktes bei zirka 4,13 Milliarden Dollar liegen. Das beinhaltet aufpolierte Waren, Verpackungsbeschädigungen, Überschuss-Handel, Versandfehler sowie Retouren von Käufern. Der angegebene Wert ist der Warenwert, der direkt vom Einzelhändler/Hersteller zu Großhandels-Liquidatoren gesandt wird. Blumberg Advisory Groups Direktor, Michael Blumberg, sagte: „Normalerweise werden die Produkte zu einem Preis von $0.30 bis $0.40 vom ersten Vertriebskanal, meistens Hersteller oder Einzelhändler, liquidiert. Dann werden sie von Großhandels-Liquidatoren aufgekauft, die wiederum 0.15 bis 0.20 Dollar aufschlagen. Danach kommen die Verkaufsmakler, die wieder ein paar Cent hinzufügen und das letzte Glied in diesem Reigen sind dann die Online-Händler, die das Produkt für 80% des Neupreises anbieten. Im Grunde ist dann aus dem 4 Milliarden Markt ein 8 Milliarden Markt geworden, wenn das Produkt beim Endverbraucher ankommt.“

Enable Holdings hat im Jahr 2008 eine Untersuchung in Auftrag gegeben, deren Resultat wie folgt aussieht: Vorsichtige Schätzungen im Überschuss-Markt ergeben Volumina von 60 bis 80 Milliarden USD. Alleine für den US-amerikanischen Computermarkt liegen die Überschuss-Einnahmen bei etwa 1,3 Milliarden USD im Jahr. Im Februar erklärten die Verantwortlichen von Best Buy, dass der Sekundär-Markt für elektronische Artikel in den USA auf 15 Milliarden USD geschätzt wird, was den Einzelhändlern alleine Einkünfte von 1 Milliarde Dollar bringen würde.

Herausforderungen im Kapitalisieren des Sekundären Markts

Der traditionelle Gesichtspunkt besteht darin, dass Einzelhändler und Hersteller nicht viel über den Überwarenbestand und zurückkommende Waren nachdenken wollen, weil sie lieber ihre Mittel in den Verkauf neuer Produkte investieren möchten. Hersteller sorgen sich zusätzlich um den Schutz der Marke und Einzelhändler befürchten, dass die Liquidationsware zu sehr in Konkurrenz mit dem regulären Einzelhandelsgeschäft steht. Howard Rosenberg hat für mehr als 6 Jahre für eBay gearbeitet und war dafür verantwortlich, den B2B- Markt von eBay (Geschäfte unter Geschäftsleuten) im Jahr 2004 aufzubauen. Er sagte, dass Hersteller und Einzelhändler bereits ein Netzwerk haben – ein Beziehungsgeschäft: 95% der Zeit kontaktieren sie nur 2 oder 3 Haupt-Liquidatoren, um ihren unerwünschten Warenbestand zu beseitigen. Das geht schnell und leicht und allgemein möchten sie nicht gerne auf „Multiverkäufer-Marktplätzen“ veräußern. Die Blumberg Advisory Group bringt auch noch einen anderen Gedanken ins Spiel: „Waren aus der Vorsaison“ –diese durchlaufen meistens nicht den üblichen Liquidationskanal. Zum Beispiel Polo-Hemden von Ralph Lauren sind zeitlos. Ein Einzelhändler kann sie durchaus solange lagern bis sie verkauft werden, oder er gibt sie an die Outlet-Stores oder die Online-Webseite weiter. Blumberg meint, dass es ein zäher Kampf sein könnte, Hersteller und Einzelhändler davon zu überzeugen, die Waren über einen Marktplatz wie eBay anstatt über ihre eigenen Outlet-Seiten oder Stores zu verkaufen. Der Bericht von Enable Holdings offenbarte ein anderes Problem dem Gesellschaften im Online-Liquidieren von Produkten gegenüberstehen: Zu viele identische Artikel können den Markt für eine gegebene Versteigerungskategorie überschwemmen und die Preise auf ein Tiefstniveau drücken. Das daraus zu ziehende Fazit: Überschusswaren einfach online einstellen, das ist nicht die Lösung.

Für eBay wird es also eine Herausforderung werden, den sekundären Markt bestmöglich zu bedienen. eBay hat sich immer mehr hin zu einer Amazon.com-artigen Politik bewegt und garantiert seinen Käufern höchste Kundenzufriedenheit, was aber oft mit den Liquidationsverkäufen kollidiert. Zum Beispiel, Woot.com – der Urvater des „der daily Deals“ macht seine Käufer darauf aufmerksam nicht dasselbe Niveau der Kundenunterstützung zu erwarten, das sie sonst gewohnt sind. Durch spezielle Verkäufer-Beschränkungen ist eBay ein Brutkasten für seine eigene Konkurrenz geworden. Paul St.James z.B. wies mehr als eine Million positives Feedback bei eBay auf. Er verkaufte unter der User-ID Bargainland Recycling-Produkte, bevor er dann den Marktplatz verließ. Er betreibt jetzt Warehouse86-Ventures und stellt E-Commerce Lösungen für die Rücklauflogistik und Liquidationsindustrien zur Verfügung. Sein Bidtopia.com B2C Marktplatz zieht andere eBay Verkäufer an, die den Beschränkungen von eBay entkommen möchten. St. James drehte eBay den Rücken zu, da er der Ansicht war, dass eBay sich plötzlich doch von den „großen Volumen-Händlern“ distanzierte und noch mehr zum Amazon-Image hin tendierte. eBay sollte seine Konkurrenz im Sekundär-Markt im Auge behalten, denn immer mehr Liquidatoren und Händler versuchen selbst ein Stück vom Kuchen zu erhaschen, indem sie ihre eigenen Online-Webseiten aufbauen.

Das Outlet-Shop Konzept, das eBay in Deutschland gerade mit den Markenshops ausprobiert könnte als drittes Standbein in der Marktplatz-Strategie angesehen werden, die bisher eigentlich von individuellen Verkäufern und PowerSellern geprägt war. Die Frage ist nur: Wird dieses 3. Standbein eBay dazu verhelfen, mehr Handelsverkehr auf den Marktplatz zu bringen oder werden durch die reduzierten Angebote in den Markenshops nur die Gewinnspannen der einzelnen Verkäufer verringert? Eines ist in jedem Fall klar, die Einkaufserfahrungen die eBay auf den Weg gebracht hat, wie beispielsweise die WOW-Offerten, werden das Einkaufsverhalten der Verbraucher ändern. Auch klar ist, eBay meint es ernst damit, das Discount-Ziel im Internet zu werden.